72 Seiten 66 Abbildungen Format 25×25 cm, 170g schweres Kunstdruckpapier, 4 farbig Hardcover Fotobuch mit einem Text von Birgit Kummer und einem signierten Print auf Hahnemühlepapier Sprache: Deutsch + Englisch Preis: 75,00 Euro ISBN: 978-3-96540-027-6 Büchergilde Gutenberg Verlagsgesellschaft mbH und ETL Art Consult & Verlags GmbH, 2025
292 Seiten 270 Abbildungen XL Format 25×21 cm, 170g schweres Kunstdruckpapier, SW (4 farbig) Hardcover Fotobuch mit Texten von Claudia Gehrke Sprache: Deutsch + Englisch Preis: 85,00 Euro ISBN: 978-3-88769-179-0 Verlag Claudia Gehrke, 2025
Sonderausgabe mit Fine Art Giclee-Print (12 Farben), in Museumsqualität auf Hahnemühle Photo Rag 308g Papier (340,00 Euro) ist direkt hier zu bestellen: info@thomaskarsten.com
224 Seiten 208 Abbildungen XXL Format 29×31 cm, 135g schweres Kunstdruckpapier, Farbe (4 farbig) Hardcover + amerikanischer Schutzumschlag Fotobuch mit Texten von Nadine Dinter & Jens Pepper Sprache: Deutsch + Englisch Preis: momentan noch 49,90 Euro ISBN: 978-3-88769-549-1 Verlag Claudia Gehrke, 2025
Sonderausgabe mit Fine Art Giclee-Print (12 Farben), in Museumsqualität auf Hahnemühle Photo Rag 308g Papier (320,00 Euro) ist direkt hier zu bestellen: info@thomaskarsten.com
Im Jahr 2009 habe ich Thomas Karsten das erste Mal getroffen; ich erinnere mich, dass mein Mann die Idee hatte, mir zum Geburtstag ein professionelles Fotoshooting zu schenken und zu unserem Erstaunen beantworte Karsten unsere E-Mail-Anfrage nicht nur schnell, sondern vor allem persönlich. Wir kamen ins Gespräch. Schnell wurde klar, dass der deutsche Fotograf, der neben dem Kodak Fotobuchpreis 1988 schon damals, 2009, eine Heerschar weiterer Bücher vorzuweisen hatte, mein erster Profi-Fotograf sein würde, dem ich „ohne viel Gedöns“, aber mit ordentlichem Make-up und zig Accessoires wie High Heels, Lingerie und einer großen Portion Aufregung, Model stehen würde. Der Termin wurde fixiert.
Menschen, vor allem, wenn sie nackt und somit „ungeschützt“ sind, zu fotografieren und gleich-zeitig Vertrauen zu schenken, Respekt zu zollen UND gute wie bleibende Bilder zu machen, ist wirklich eine hohe Kunst. Die Kunst, fokussiert zu arbeiten, mit dem Model einen unsichtbaren, aber konstruktiven Dialog aufzubauen und gemeinsam einen Moment, eine Stunde oder einen längeren Zeitraum fotografisch festzuhalten, für die Ewigkeit. Dabei spielt die Location weniger eine Rolle und auch nicht, welcher Körpertypus gerade „angesagt“ ist, ob man mal lacht, obwohl man eigentlich ein ernster Typ ist, oder öfter mal Pause machen muss, weil diese Posen einfach anstrengend und vor allem für die Beinmuskulatur ungewohnt sind. Eine Frau kann sein, wie sie möchte, sich zeigen, wie sie sich gerade fühlt und sich entweder pur & ungeschminkt oder eben, wie ich damals, geschminkt, fotografieren lassen. Mit Thomas Karsten ist all das möglich, denn er empfängt jede einzelne Frau so, wie sie ist. Und gerade das macht die Arbeitsweise und die Zusammenarbeit mit ihm aus. Wenn erst die Location gefunden ist, die Wunschmusik läuft und die ersten Fotos geschossen wurden, gehen Raum und Zeit in einen angenehmen, kreativen Flow über, aus dem man erst wieder nach Stunden auftaucht.
Thomas Karsten verzichtet auf tot-retuschierte Bilder, präferiert minimalistische Settings und bannt die Frau/en entweder in einer Ganzkörperaufnahme, einem engen Close-Up oder auch gerne mal im amerikanischen Porträt. Ob dies mit seiner Lehrzeit bei Stefan Moses zu tun hat, kann nur er beantworten. Auf jeden Fall gilt: wer kann, der kann. Und Karsten KANN Akt und Porträt.
Sein neuestes Buch „glimpses into the past“ vereint über 200 digitale S/W Fotografien, die zwischen 2003 und 2024 entstanden sind, so auch unser gemeinsames Doppelporträt am Set und eines meiner Lieblingsporträts in einer eitlen Pose mit Handschuh. Eine große Ehre.
Für alle, die als Fotograf oder Fotografin mit KI hadern, als Model über ihre Bauchfalte meckern und als Fotografie-Liebhaberin und -Liebhaber das Genre Akt schätzen ist diese neue Hommage an die Frauen und vor allem an das uneingeschränkte „Frau-Sein-Dürfen“ ein absolutes Must-have. Danke Dir, Thomas!
Nadine Dinter, Berlin 2024
Shooting für „glimpses into the past“ mit Kristina im Mai 2024
Shooting für „glimpses into the past“ mit Anna Uchiyama 2021
Shooting für „glimpses into the past“ mit Ava 2022
240 Seiten 170 Abbildungen XL Format 24×32 cm, 170g schweres Kunstdruckpapier, Farbe (alles 4 farbig CMYK) Hardcover + amerikanischer Umschlag Fotobuch mit einer fiktiven Geschichte von Sunita Sukhana Sprache: Deutsch + Englisch Preis: 49,90 Euro ISBN: 978-3-88769-663-4 Verlag Claudia Gehrke, 2019
Sonderausgabe mit Fine Art Giclee-Print (12 Farben), in Museumsqualität auf Hahnemühle Photo Rag 308g Papier (278,00 Euro) ist direkt hier zu bestellen: info@thomaskarsten.com
Im Bereich der erotischen Fotografie zählt Thomas Karsten gegenwärtig zu den interessantesten Vertretern des Genres. Besonderes Merkmal seiner Aktfotografie ist es, dass er seine Modelle mit sichtlichem Vergnügen und Vertrauen zum Fotografen sich selbst darstellen lässt, ohne dabei die ästhetische Kontrolle zu verlieren. Mit fast femininem Blick beobachtet er durch seine Kamera Frauen, die gerade dadurch schön und sinnlich erscheinen, weil sie sich und ihren Körper völlig unverstellt präsentieren. So entstehen subtile erotische und intensive Momente, wie sie in der Aktfotografie nur selten anzutreffen sind.
Andreas J. Mueller
Ein Text von Sunita Sunita
Erste Begegnung – Teil Eins:
Das erste, was ich sehe, ist ihr Lächeln. Sie ist umgeben von Frauen wie sie, aber sie ist die Einzige, die lächelt. Die mich anlächelt. Um sie herum laufen Leute, lachen, sprechen, schreien und mitten drin sitzt sie und lächelt. Ihr Blick nimmt mich gefangen. Sie zaubert vollkommene Ruhe in die hektische Lobby. Ich nähere mich ihr. Sie lässt mich nicht aus ihren großen, dunklen Augen. Ich spreche mit ihr. Sie nickt nur. Sie lehnt sich zu mir, streicht über ihr Gesicht, greift nach meiner Hand. Mit ihrem Finger schreibt sie ihre Zimmernummer auf meine Handfläche: 127. Meine Hand glüht, mein Arm glüht, mein Bauch, mein Schritt. Sie blinzelt und dreht sich um.
Zimmer 127. Ich klopfe. Sie öffnet die Tür. Lächelt. Blinzelt. Sie schiebt die Träger des weißen Nachthemds zur Seite. Der Stoff rutscht herunter und fällt auf meine Füße. Ich schließe die Tür. Jetzt sitzt sie im Bett, das Bettlaken bis zur Taille hochgezogen. Ich kann ihre Hüfte, ihre Beine, ihre dünnen Füße darunter erahnen. Ihre langen, dunklen Locken fallen über ihre Brüste. Rechts schaut ein Nippel hervor. Ich gehe einen Schritt auf sie zu. Sie lächelt, lässt ihren Blick über meinen Körper schweifen, von oben nach unten. Ich öffne die obersten Knöpfe meines Hemds, halte inne. Sie starrt mich an. Lächelt. Blinzelt. Ich fahre fort. Streife mir Hemd und Hose ab. Lasse die Boxershorts fallen. Jetzt betrachtet sie mich mit ernsten, runden Augen. Ich verfolge, wie sich ihr Brustkorb hebt und senkt. Jedes Mal rutschen die Haare ein Stück weiter zur Seite. Sie lässt noch einmal ihren glühenden Blick über mich schweifen, diesmal von unten nach oben. Dann streicht sie über das Bettlaken, über ihre Beine, bekommt es zu fassen und zieht. Hält inne mit der ums Laken geballten Faust im Schritt. Zieht weiter. Lässt das Laken auf den Boden gleiten. Sie streckt den Arm nach mir aus. Ich trete vor, greife nach ihm, doch sie zieht ihn zurück, streicht über ihren Bauch, ihre spitzen Brüste. Sie lehnt sich zurück, drückt den Rücken durch. Stöhnt.
Erste Begegnung – Teil Zwei:
Ihr Stöhnen reißt mich aus meiner Trance. Ich lege mich neben sie, auf sie, küsse sie, streichele sie. Schließe meine Augen, während ich mit meinen Lippen, dann mit meiner Zunge ihren Oberkörper erkunde. Weiter hinabgleite. Den Haarstreifen finde. Weiter hinabgleite. Ihre weichen Lippen finde und küsse.
Als ich aufblicke, lächelt sie. Ich richte mich auf. Sie blinzelt. Legt ihre Hand auf meinen Rücken und zieht mich an sich. Ihre Beine umschließen mich. Ich finde ihre Wärme, dringe ein. Ihre Beine sind vor ihr, neben ihr, über ihr. Ich bin auf ihr, hinter ihr, neben ihr. Ich glühe. Sie glüht. Ich halte ihren Blick bei den letzten Stößen. Sie stöhnt. Das ist alles, was ich brauche.
Ich bleibe im Bett liegen, beobachte ihren schnurgeraden Rücken, den sie in einen weißen Nachtmantel einpackt. Ich sehe ihr rundes Gesicht im runden Spiegel, die runden Brüste, die der geöffnete Mantel preisgibt. Sie malt ihre Lider zart-violett an. Sie lächelt nicht. Sie spitzt ihre geschwungenen Lippen und fährt mit dem roten Lippenstift über sie. Sie schaut nicht auf, als ich mich anziehe und auf die Tür zugehe. Als ich die Klinke herunterdrücke, treffen sich unsere Blicke im Spiegel. Sie lächelt.
Zweite Begegnung – Teil Eins:
Es ist laut und stickig in dem Kellerclub, in dem wir uns kennenlernen. Wir sitzen in der dunkelsten Ecke der Bar, vier Tische vom nächsten Lautsprecher entfernt, doch wir müssen trotzdem schreien, um uns zu unterhalten. Und das tun wir. Zuerst schreie nur ich. Mache ihr Komplimente. Lobe ihren ausgelassenen Tanzstil. Frage, ob ich durch ihre zerzausten Haare fahren darf. Sie erlaubt es. Sie fühlen sich überraschend kräftig an, nicht so sanft, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Ihre Wangen sind rot von der Hitze und Aufregung. Ich lasse die Haare wieder fallen, bewundere den Kontrast der schwarzen Haare auf dem weißen Shirt.
Zuerst hört sie mir zu. Dann beantwortet sie meine Fragen. Und dann fängt sie an zu reden. Sie redet schnell und laut, brüllt gegen die schrillen Gitarrenklänge an. Sie lächelt nie, sondern lacht nur schallend. Ich mag sie auf Anhieb. Sie trinkt Bier, und besteht darauf, es selbst zu zahlen. Ich frage mich, wieso. Wieso sollte eine Frau einer anderen Frau Drinks ausgeben? Ich frage sie, ob sie deshalb zögert. Sie sagt: Nein. Sie versteht schon. Aber sie weiß nicht, ist es nicht, glaubt sie. Sie sei bisher nur mit Männern zusammen gewesen.
Zweite Begegnung – Teil Zwei:
Nach einem weiteren Bier erzählt sie, dass die Männer keine Ahnung haben. Sie würden sie immer nur eine Sekunde lang lecken, wenn überhaupt. Sie würden sie anstarren, als hätten sie nie eine nackte Frau gesehen und wüssten nicht, was damit anzufangen sei. Sie würden glauben, sie könnte sie nicht verstehen. Ich stimme ihn ihr Lachen ein. Sie versteht alles. Ein Lied geht gerade zu Ende, als ich rufe: „Du musst danach fragen! Du musst dir nehmen, was du willst!“ Leute drehen sich zu mir um. Gelächter. Ihres übertönt alle. Dann sagt sie: „Was will ich denn? Kann es überhaupt anders sein?“ „Mit mir schon“, sage ich und meine es es aus vollstem Herzen. „Ich habe es bisher immer geschafft, Frauen in Nullkommanichts zum Kommen zu bringen, besonders solche, die bisher nur mit Männern zusammen waren.“ Sie lacht. Dann fragt sie, wo ich wohne. Ich führe sie in meine Schneiderei. Sie ignoriert die Nähmaschinen und all die Stoffe und folgt mir in das Schlafzimmer.
Zweite Begegnung – Teil Drei:
In dieser Nacht bringe ich es ihr alles bei. Alle Künste des Liebens. Alles, was man mit einem Frauenkörper anstellen kann. Alles, was man geben kann, und alles, was man nehmen kann. Sie ist gut im Geben und schlecht im Nehmen. Sie kommt nicht in Nullkommanichts. Wir versuchen es mit verschiedenen Materialien: Leinen, Seide, Netz, Kaschmir. Als ich sie mit einem Stück Tüll fest einwickele, es zwischen ihren Beinen zerreiße und sie lecke – nicht für eine Sekunde, sondern für Sekunden um Sekunden, Minuten um Minuten – kichert sie erst, dann schreit sie, dann wimmert sie. Aber sie kommt nicht. Manchmal schließt sie ihre Augen und atmet tief ein und aus, dann will sie weitermachen. Sie will immer weitermachen.
Am Ende der Nacht bin ich erschöpft. Sie hat herausgefunden, was sie will, und gelernt, danach zu fragen. Denn sie hat danach gefragt – immer und immer wieder. Und ich habe auch etwas gelernt. Manche Frauen wollen nicht einfach nur kommen. Sie wollen spielen, erkunden, es so lange herauszögern wie möglich. Sie wollen wollen. Und irgendwie mag ich das.
Dritte Begegnung – Teil Eins:
Als sie anruft, wünsche ich mir, ich könnte ihre Stimme fotografieren. Denn die ist tief und heiser mit einem unzuordenbaren Akzent. Vielleicht ist auch nur der Empfang schlecht. Trotzdem habe ich sie sofort vor Augen: Eine dunkelhäutige südländische Schönheit mit wilden, braunen Locken, prallen Brüsten und einem gigantischen Hintern. Ich kann ihre voluminösen Lippen vor mir sehen, ihre dichten Wimpern klimpern hören.
Ein paar Wochen später steht eine Frau vor meinem Studio, die nichts mit meiner Fantasie gemein hat. Sie ist schmal, geradezu dürr. Sie trägt weite Klamotten und darüber eine Krawatte. Unter dem roten Pulli ist nicht einmal ein Ansatz von Brüsten erkennbar. Ihre Haut ist porzellanfarben, ihre Augenbrauen sind zwei gerade Striche. Doch als sie mich begrüßt, höre ich dieselbe dunkle Stimme, die mich bei unserem Telefonat so fasziniert hat. Die Stimme passt nicht zu dem zarten Wesen, das vor mir steht. Das Einzige, wozu sie passt, ist ihr fordernder Blick.
Dritte Begegnung – Teil Zwei:
Als wir im Park ankommen, lässt sie, noch während ich mein Kamerazubehör aufbaue, alle Klamotten fallen. Unterwäsche trägt sie sowieso nicht. Sie setzt sich auf eine Bank, spreizt die Beine und wartet auf den Beginn des Shootings. Es kann losgehen, ich bin bereit, sagt sie, als ich noch die Lichtverhältnisse messe. Sie ist bereit. Also muss es losgehen. Das erste Bild, das ich von ihr mache, zeige bereits ihre vollkommen entblößte Vulva. Ihre Schamlippen stellen alles in den Schatten. Sie sind phänomenal.
Ich schlage eine Pause vor. Sie beschwert sich, sagt, sie brauche keine Pause. Doch ich lasse ihr keine Wahl. Ich setze mich neben sie und wir unterhalten uns. Über Musik und Politik und unsere Pläne für den Sommer. Langsam wird sie lockerer. Beginnt zu lächeln. Öffnet ihre Haare. Sie rennt nackt über den Rasen. Sie beeindruckt mich, aber sie macht mir keine Angst mehr.
Dritte Begegnung – Teil Drei:
Ich schlage vor, dass sie etwas von ihrer Kultur zeigen könnte. Sie sagt, dass sie keine Kultur habe. Dann fängt sie an zu tanzen. Sie biegt ihren Körper, verknotet ihn, verzerrt ihn. Ihre Rippen treten überdeutlich hervor.
In der nächsten Pause schließt sie die Augen und massierte ihre Klitoris. Langsam und monoton, aber lange – sicher für zwanzig oder dreißig Minuten. Sie macht keinen Ton. Sie muss gemerkt haben, dass ich sie beobachte, denn sie erklärt mir, dass sie das beruhige. Dass Sex nicht immer gleich Anstrengung sein muss oder Aufregung. Manchmal ist es pure Entspannung.
Vierte Begegnung – Teil Eins:
Schon als Kind wurde mir beigebracht, ich solle mich wie eine Dame benehmen. Ich solle ruhig sein, den Mann aussprechen lassen. Ich solle zart sein, süß, weich, ohne Ecken und Kanten – ein echtes Mädchen eben. Ich solle demütig sein, devot im Bett, mich bloß nicht beschweren oder – noch schlimmer – preisgeben, dass es mir gefällt. Es sei meine Pflicht den Männern gegenüber, nicht mein Vergnügen. Das sei es, was Männer wollten und lange habe ich mich darangehalten.
Doch dann stellte sich mir plötzlich die Frage: Was wollen Frauen? Ich fand es heraus, traf mich mit einigen. Die ersten Frauen, die ich kennenlernte, wollten mir beibringen, stark zu sein, selbstbewusst, fordernd. Ungehemmt im Bett, laut schreiend. Die nächsten wollten, was die Männer wollten. Und plötzlich wollten die Männer, was die Frauen wollten. Es war anstrengend. Ich musste immer wieder von vorne beginnen, mich bei jeder Person aufs Neue herantasten, mich anpassen.
Vierte Begegnung – Teil Zwei:
Irgendwann hielt ich dieses Liebesleben nicht mehr aus. Ich konnte nicht mehr mithalten. Ich verlor den Überblick. Frauen, Männer, Glieder, Körper, Gesichter – es verschmolz alles und ich fühlte mich vollkommen orientierungslos. Das war ein neues Gefühl für mich, denn an Orientierung hatte es mir nie gemangelt. Immerhin hatte ich schon seit klein auf permanent Wegweiser erhalten, Richtlinien, Regeln von meiner Familie, den Freundinnen, älteren Schwestern, den Männern, mit denen ich schlief, den Frauen, die mich befriedigten, von mir selbst. Plötzlich hatte ich keine andere Wahl, als es alles loszulassen.
Also ließ ich es los. Ich fragte mich, was ich eigentlich will. Wollte ich ernst sein oder verspielt? Verrucht oder zurückhaltend? Wie ein Prolet oder wie eine Ballerina? Abenteuerlustig oder bequem? Unnahbar oder das Mädchen von Nebenan? Die Wahrheit ist: Ich will das Alles und noch mehr. Und zwar unabhängig von den Menschen um mich herum. Ich will alles ausprobieren, alles erleben, alles sein. Und das bin ich auch.
Sunita Sukhana
Geboren 1991 in Darmstadt. Von klein auf erzogen ihre Eltern sie als Weltenbürgerin, weshalb die Familie viele Länder in Asien und Europa, später auch in Nord- und Südamerika bereiste. Studium der Staatswissenschaften mit den Schwerpunkten Soziologie und Politik (Bachelor) an der Universität Passau und der Deutschen Literatur (Master) an der Universität Tübingen. 2011 machte sie ein Auslandssemester an der Western Michigan University in den USA und kehrte später getrieben von der Liebe und Abenteuerlust mehrmals nach Michigan zurück. Unter anderem absolvierte sie dort ein fünfmonatiges Praktikum bei der Tageszeitung Three Rivers Commercial News. Zurück in Deutschland lernte sie das Verlagswesen kennen und lieben während ihres anderthalbjähren Volontariats beim konkursbuch Verlag Claudia Gehrke. Heute arbeitet sie als freiberufliche Lektorin und Social Media Managerin und ist stets für ausgefallene Projekte aller Art zu haben.
Ihre Leidenschaft für Bücher teilt sie außerdem auf ihrem Blog buecherreisende.wordpress.com
First Encounter – Part One:
The first thing I see is her smile. She is surrounded by women like her, but she is the only one who smiles. Who smiles at me. All around her there are people walking, laughing, talking, yelling and she’s sitting in the middle of it all and smiles. Her gaze takes me captive. She is magically creating total quiet in the hectic lobby. I approach her. She keeps her big, dark eyes glued on me. I talk to her. She just nods. She leans forward, strokes her face and takes my hand. With her finger she writes her room number on my palm: 127. My hand glows, my arm glows, my belly, my crutch. She blinks and turns around.
Room number 127. I knock. She opens the door. Smiles. Blinks. She pulls the straps of her white night gown to the sides. The gown slides down and lands on my feet. I close the door. Now she is sitting in the bed, having the sheet pulled up to her waist. I can guess her hips, her legs, her thin feet underneath. Her long, dark curls fall on top of her breasts. On the right side a nipple is peeking through. I take a step towards her. She’s smiling, takes in my body, from the top to the bottom. I open the first buttons of my shirt, pause. She stares at me. Smiles. Blinks. I continue. Take of my shirt and pants. Drop the boxers. Now she’s looking at me with serious, round eyes. I observe the way her chest is rising and falling. Each time her hair slides an inch farther to the side. Again, she takes in my body, this time from the bottom to the top. Then she strokes the sheet and her legs, she grabs it and pulls. She pauses with a clenched fist in her crotch. Resumes pulling. Lets the sheet slide to the floor. She reaches for me. I step forwards, reach for her arm, but she pulls it away and strokes her belly, her pointed breasts. She leans back, bends over backwards. Moans.
First Encounter – Part Two:
Her moan pulls me out of my trance. I place myself next to her, on top of her, kiss her, caress her. I close my eyes while letting my lips, then my tongue, explore her upper body. I slide farther down. I find a streak of hair. Slide father down. I find her soft lips and kiss them.
When I look up, she’s smiling. I sit up. She blinks. She puts her hand on my back and pulls me towards her. Her legs embrace me. I find her warmth and enter it. Her legs are in front of her, next to her, above her. I’m on top of her, behind her, next to her. I glow. She glows. My eyes lock with her’s during the last thrusts. She moans. That’s all I need.
I keep lying in bed and observe her dead straight back, which she covers with her night gown. I can see her round face in the round mirror, her round breasts which the open gown reveals. She colors her lids in a soft Violet. She’s not smiling. She purses her lips and covers them with red lipstick. She doesn’t look up when I get dressed and approach the door. When I push down the handle, our eyes meet in the mirror. She smiles.
Second Encounter – Part One:
It’s loud and stuffy in the basement room where we meet. We’re sitting in the darkest corner of the bar, four tables away from the next speaker, but nevertheless we have to yell in order to have a conversation. So, we are yelling. First only I yell. I compliment her. Praise her playful dancing. Ask her, if I can run my fingers through her hair. She allows it. They are surprisingly strong, not as soft as I have imagined. Her cheeks are red from the heat and excitement. I let go of her hair and admire the contrast of the black hair on the white shirt.
At first, she’s only listening. Then she’s answering my questions. And then she starts talking. She talks fast and loud, shouts over the jarring guitar sounds. She never smiles, she only laughs out loud. I like her instantly. She drinks beer but insists on paying it herself. I wonder why. Why should a woman pay for another woman’s drink? I ask her if that’s why she hesitates. She says: No. She understands. But she doesn’t know, she’s not gay, she doesn’t think so. So far, she has only been with men.
Second Encounter – Part Two:
After another beer she tells me that men know nothing. They eat her out for one quick second or not at all. They stare at her like they’ve never seen a naked woman before and have no idea what to do with her. They think that she can’t understand them. I join in with her laughter. She understands everything. A song is just ending when I yell: “You have to ask for it! You have to take what you want!” People are turning around. Laughter. Her’s drowns out everyone else’s. Then she says: „What do I even want? Is it even possible for sex to be different?“ „With me it is”, I say and mean it from the bottom of my heart. “So far I always managed to make a woman come in no time, especially if they have only been with men before.” She laughs. Then she asks where I live. I take her to my tailor shop. She ignores the sewing machines and all the fabrics and follows me into my bedroom.
Second Encounter – Part Three:
This night I teach her everything. All the arts of lovemaking. Everything you can do with a woman’s body. Everything you can give and everything you can receive. She is good in giving and bad in receiving. She does not come in no time. We try different fabrics: linen, silk, net, cashmere. When I wrap her in a piece of tulle, rip it between her legs and eat her out – not for a quick second but for seconds over seconds, minutes over minutes – she first giggles, then yells, then whimpers. But she doesn’t come. Sometimes she closes her eyes, takes a deep breath, before she wants to continue. She always wants to continue.
At the end of the night I’m exhausted. She found out what she wants and learned to ask for it. And she asked for it – again and again and again. I have also learned something. Some women don’t just want to come. They want to play, explore, delay it for as long as possible. They want to want. And in some way I like that.
Third Encounter – Part One:
When she calls, I find myself wishing I could take a picture of her voice. Because it’s deep and husky with an unidentifiable accent. Maybe the reception is simply bad. Nevertheless, I can picture her instantly: A Mediterranean beauty with wild, dark curls, firm breasts and an enormous ass. I can picture her voluminous lips, hear her thick eyelashes fluttering.
A couple of weeks later a woman is standing in front of my studio who shares nothing with my fantasy. She is slim, almost lean. She’s wearing loose clothes topped with a tie. Beneath her red sweater you can barely imagine her flat breasts. Her skin has the color of porcelain, her eyebrows are two straight lines. But when she greets me, I hear the same dark voice which has fascinated me so much during our phone call earlier. The voice doesn’t match the delicate creature standing in front of me. The only thing that matches her voice is her demanding facial expression.
Third Encounter – Part Two:
When we reach the park, she immediately drops all her clothes, while I’m still arranging my camera supplies. She wears no underwear anyway. She sits down on a bench, spreads her legs and waits for the shooting to begin. Let’s start! I’m ready, she says while I’m still measuring the light conditions. She’s ready. That’s why we have to start. The first picture I take is already showing her entirely exposed vulva. Her labia outshine everything. They are phenomenal.
I suggest a break. She complains, says, she doesn’t need a break. But I offer her no choice. I sit down next to her and we start talking. About music and politics and our plans for the summer. Slowly she becomes at ease. She starts to smile. Opens her hair. She runs naked across the lawn. I’m impressed by her, but I’m not scared of her anymore.
Third Encounter – Part Three:
I suggest that she could present her culture in some way. She says, that she doesn’t have a culture. Then she starts dancing. She bends her body, knots it together, deforms it. Her rips are protruding distinctly.
During the next break she closes her eyes and massages her clitoris. Slowly and monotonously but for a long time – certainly for twenty or thirty minutes. She makes no sound. She must have noticed me watching her because she starts explaining that this is calming her down. That sex doesn’t have to equal effort or excitement. Sometimes it’s pure relaxation.
Fourth Encounter – Part One:
When I was a child I was already taught that I had to behave like a lady. I had to be quiet, wait for the men to speak. I had to be tender, cute, soft, without any rough edges – a real girl. I had to be humble, submissive in bed, not dare to complain or – even worse – reveal that I enjoy it. Sex was my duty to men and no pleasure. They told me this was the way men wanted it and for a long time I followed these rules.
But then I wondered: What do women want? I figured it out, met with some of them. The first women I got to know intimately wanted to teach me how to be strong, confident, demanding. Uninhibited in bed, moaning loudly. The next women wanted what men wanted. And suddenly there were men who wanted what women wanted. It was exhausting. I had to start anew all the time, learn everything again and again, adjust permanently.
Fourth Encounter – Part Two:
There came a point when I couldn’t bear this love life anymore. I couldn’t keep up. I lost all orientation. Women, men, limbs, bodies, faces – everything blended in with each other and I felt utterly lost. Which was a new feeling for me because my life had never lacked orientation before. Ever since my childhood I had received signposts, guidelines, rules from my family, my girlfriends, older sisters, men I slept with, women who satisfied me, from myself. Suddenly I had no choice but to let it all go.
So, I let it go. I wondered what it is that I want. Do I want to be serious or playful? Sexy or shy? Like a prole or like a ballerina? Unapproachable or like the girl next door? The truth is: I want all of it and more – regardless of the people surrounding me. I want to try everything, experience everything, be everything. And that’s what I am.
108 Seiten 94 Abbildungen XXL Format 30×30 cm, 200g schweres Kunstdruckpapier, 4 farbig CMYK Hardcover Fotobuch mit Einführungstexten von Andreas J. Mueller und Fritz Franz Vogel Sprache: Deutsch Dieses Buch erscheint anlässlich einer Ausstellung im Deutschen Fotomuseum (www.fotomuseum.eu) vom 6. Januar 2018 – 3. Juni 2018 in einer limitierten und vom Fotografen signierten Auflage von 300 Exemplaren mit einem eingelegten Original Fotoabzug im Format 21 x 30 cm ISBN: 978-3-03858-512-1 edition ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ, 2018
Sonderpreis bis zum Ende der Ausstellung 98,00 Euro, danach 148,00 Euro
Im Bereich der erotischen Fotografie zählt Thomas Karsten gegenwärtig zu den interessantesten Vertretern des Genres. Besonderes Merkmal seiner Aktfotografie ist es, dass er seine Modelle mit sichtlichem Vergnügen und Vertrauen zum Fotografen sich selbst darstellen lässt, ohne dabei die ästhetische Kontrolle zu verlieren. Mit fast femininem Blick beobachtet er durch seine Kamera Frauen und Frauenpaare, die gerade dadurch schön und sinnlich erscheinen, weil sie sich und ihren Körper völlig unverstellt präsentieren. So entstehen subtile erotische und intensive Momente, wie sie in der Aktfotografie nur selten anzutreffen sind. Zweifellos profitiert Thomas Karsten dabei von der Tatsache, dass moralische und sexuelle Freizügigkeit, Enthemmung und Zwanglosigkeit in den vier Jahrzehnten des Entstehens dieser Fotografien sich in einem Zeitalter großmütiger Liberalität entfalten konnten, wie es die Menschheit seit der Antike nicht mehr erlebt hat.
Differenzierungen und Entwicklungen nachzuspüren, die sich während dieser Epoche sexueller Toleranz zugetragen haben, war die besondere Idee einer Ausstellung im Deutschen Fotomuseum und Kuratorin Kerstin Langner hat den Versuch unternommen, durch subtile Gegenüberstellung Bildpaare zu schaffen, die dem Betrachter die Augen für Nuancen öffnen, die das Einzelbild nicht preisgibt. Die Ausstellung ist nicht nur eine Retrospektive mit Werken des Künstlers Thomas Karsten, sondern auch ein Blick zurück in die Zeit eines historischen Wandels der öffentlichen Sexualmoral und einer bemerkenswerten Enttabuisierung des Erotischen. Sie beschränkt sich nicht nur auf das Sichtbare, sondern suggeriert dem Betrachter Kraft seiner Phantasie und seines Vorstellungsvermögens auch Unsichtbares.
Andreas J. Mueller
EBENBILDER, NACKT GEPAART
Eine Methode der kunsthistorischen Wissensproduktion besteht im Ver-
gleichen. Diese Technik, die Ästhetik von Werken zu erörtern und ihre
Referenzen und Anspielungen zu überprüfen, wird zwar nicht mehr so
gepflegt wie früher. Trotzdem ist das dialektische Verfahren verbürgt.
Gerade im Abgleich ergeben sich Mehrwerte, die bei der Wahrnehmung
einer reinen Bildabfolge nicht gegeben sind. Durch den Wechsesl der
Bezüge, durch die Perspektivenänderung, durch den polyfokalen Blick,
durch die Schärfentiefe des Betrachtens erzielt man je andere Fragestel-
lungen und somit auch Antworten.
Diptychen sind in der Fotogeschichte längst nicht so häufig wie in der
Kunstgeschichte; die Fotografie war schon sehr früh auf die serielle Ab-
bildung fixiert, immer war noch ein weiteres Bild möglich, früher auf dem
Film, heute auf dem digitalen Datenträger. Wer nicht das beste Foto auf
dem Kontaktbogen anstrich und vergrösserte, der verdichte vielleicht
seine Bilder zu visuellen Gedichten wie Heinz Cibulka, zu formaltypologi-
schen Studien wie Bernd und Hilla Becher, zu psychologisch fundierten Bil-
derzählungen wie Duane Michals oder zu grossen gesellschaftskritischen
Tableaus wie Jürgen Klauke. Diptychen als Doppelbilder sind jedoch eher
selten, denn sie sind formal nicht so spannend wie Triptychen, Serien,
Tableaus oder Bildcluster, die aufgrund der Teilung in eine für wichtiger
behauptete Zentraltafel mit Flügeln, Satelliten oder näher und weiter
zugeordneten Bildern immer auch ein Blickregime und damit eine Erzäh-
lung installieren, bzw. hervorrufen.
Bei Diptychen, die durch die Doppelseitigkeit eines Buches, resp. den
Bund als Scharnier schon fast von selbst gegeben ist, findet vor allem eine
Wechselwirkung zwischen zwei Bildseiten statt. Es ist das Auge, das nicht
mehr ein Bild ums andere anschaut wie in der üblichen Katalogstruktur,
sondern die Doppelseite als Einheit betrachtet und einer gegenseitigen
Wechselwirkung der Bilder nicht ausweichen kann/soll. Das Auge flippt,
switcht, springt hin und her. Dank des unmittelbaren Abtastverfahrens
keimt und gedeiht im Quervergleich eine Aussage.
Was steckt hinter den Bildpaaren von Frauen, die hier zusammengestellt
wurden? Gemäss Bildunterschriften erkennen wir auf der linken Seite Akt-
bilder aus den Jahren 1982 bis 2001, alle in Schwarzweiss, vielfach im
quadratischen Format. Aufgrund der Mittelformatkamera sind die Bilder
harmonisch, ruhig, in vielen Fällen aufgrund der dunkleren Vignettierung
an den Rändern gar hermetisch geschlossen. Auf der rechten Seite sind
Bilder neueren Datums aus den Jahren 2002 bis 2017, in Farbe gehalten,
bunt, rechteckig und damit eher dynamisch. Die Bilder sind zumeist mit ei-
ner hochauflösenden, digitalen Spiegelreflexkamera mit ihrem 2:3-Format
aufgenommen und nicht mehr mit einer analogen Mittelformatkamera.
Dadurch ergibt sich tendenziell eine dynamischere Bildwirkung.
Wenn wir weiter feststellen, dass auf den «alten» Bilder die abgebildeten
Frauen in sich ruhen, ihr Konterfei porträtartig wirkt, als ob ihre Identi-
tät abgebildet sei, so zeigen sich die bunten Bilder frecher, lasziver. Die
Frauen getrauen sich mehr, zeigen sich mehr. Der Fokus liegt weniger
auf dem Kopf, die Rahmung ist nicht mehr entlang der Körperhaltung
aufgebaut. Man hat den Eindruck, auch aufgrund der Farbigkeit, dass
nun der Körper in seinem (emotionalen) Ausdruck im Vordergrund steht.
Verkürzt gesagt: Nicht der Kopf macht die Person aus, sondern deren
Körper. In den älteren Fotos scheint der Fotograf etwas zu suchen, die
Person herauszubringen, ihr eine Bühne zu geben sich zu entwickeln, sie
zum Ausdruck der intimen Nacktheit zu bewegen, aus sich herauszufin-
den. Heute ist die Fotosituation gegeben: Der Fotograf muss nichts mehr
suchen, die Modelle, die sich als models verstehen, äussern sich in jeder
Gestik, in jeder Haltung. Eher ist es so, dass der Fotograf die Narzissmen
einfangen, diese nackte Intimität, die körperliche Blösse in ihrem Zeige-
gestus, in ihrer offensiven Selbstdarstellung zähmen, zügeln und kana-
lisieren muss. Nicht er zeigt eine junge Frau, sondern die abgebildete
Person zeigt sich.
Über die Hundertschaft an Bildern lässt sich ein Wandel im Umgang
mit dem eigenen Körper feststellen. Die Frauen zeigen sich heute
offensiver, weniger bedacht auf ihre Identität als vielmehr bewusst als
körperlich-sexuelles Wesen. Bei der heutigen Fotografie handelt es sich
weniger um Aktporträts, dessen Charakteristika Thomas Karsten als ei-
ner der ersten konsequent aus der Aktfotografie herausgearbeitet hat,
sondern um Körperbilder, für deren selfiegeschulten Blicke und Selbst-
wahrnehmungen die heutigen weiblichen millennials den Fotografen als
Instrument betrachtet. Dieser Blick- und Funktionswechsel – damals der
Fotograf der sein Modell nutzt, um Aktporträts zu finden, heute das Mo-
dell, das den Fotografen nutzt, um kräftige und wirkungsvolle Bilder von
sich zu haben, die selbstgesteuert nicht zu haben sind – ist offensichtlich.
Der gesellschaftliche Wandel, vom Aktporträt des Fotografen zum
Körperakt des Modells ist hier durchaus sichtbar, auch wenn der Fotograf
als Profi der ästhetischen Wirkung in beiden Fällen das Zepter in der
Hand hält und die Szenerie kontrolliert, überwacht, ausreizt und aus-
leuchtet, so ist seine Rolle eher die eines Stellvertreters, von dem ein
exklusives «Selbstbild», fast wie ein selfie erwartet wird. Wer tatsächlich
Regie führt, ist nicht immer klar zu erkennen.
A propos Licht: Auch hier stellt man fest, dass das Licht in früheren Jahren
eher studiomässig gesetzt, klarer konturiert ist, bewusst Hell und Dunkel
hervorgehoben sind. In den neueren Aufnahmen kommt viel vorhande-
nes Licht vor. Man macht ein Bild hier und jetzt, drinnen und draussen, wo
es gerade geht. Frau räkelt sich ungeniert und ohne Scham. Es braucht
keinen Schutzraum des Studios mehr: aus dem Schwarz geschälte Person.
Nacktheit ist Ausdruck in und für den Alltag: ins Grün gelegter Körper.
Der Ursprung des Menschen, das goldene Dreieck der Lust ist übrigens
in den frühen Fotos immer irgendwo vorhanden, bisweilen versteckt,
behaart oder im Ungefähren belassen. Anders in den neueren Bildern:
Geschlechtlichkeit ist sichtbar gemacht, Voyeurismus des Fotografen und
Zeigefreude der Porträtierten treffen sich. Die blanke Scham, der rasier-
te Venushügel, die exaltierte Gestik sind Zeichen dafür, einer gewissen
Selbstverliebtheit zu frönen und sich von Kopf bis Fuss als ehrlich und
redlich darzubieten.
Der Blick auf das Doppelbild changiert also, provoziert eine Wechselwir-
kung zwischen alt und neu, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der
Blick des Fotografen geht mit der Zeit mit. Der Fotograf «modernisiert»
sich nicht nur im Wechsel von der analogen zur digitalen Fotografie samt
ihren veränderten Arbeitsprozessen vom Chemielabor zur Bildschirm-
arbeit, vom Formalen-Studiomässigen zum Alltäglichen-Dynamischen.
Ebenso zeigt sich in der Freiheit und Uneingeschränktheit zur Selbstre-
präsentation auch eine gewisse Distanz des Fotografen zur fotografierten
Altersgruppe. Es ist nicht mehr ein gleichaltriges Gegenüber, sondern
bedeutend jüngeres.
Die Modelle sind, und dies bleibt in älteren wie jüngeren Bildern gleich,
alle in einem Alter angesiedelt, die diesen jugendlichen Drang offenkun-
dig machen. Es ist die Zeit zwischen 18 und 35. Das Selbstfindungsalter,
das Zeigealter, die Zeit der Schönheit, Attraktivität, der Öffnung. Dass
dieses visuelle Werbealter weitgehend ein weibliches Phänomen ist, ist
trotz aller Emanzipation nicht von der Hand zu weisen. Die Aktfotografie
ist zu weit über 90% eine Fotografie von Frauensubjekten. Männer haben
da wenig zu bewerkstelligen, unabhängig davon, ob Fotografinnen oder
Fotografen am Werk sind.
Thomas Karsten hat die Bilder ausgewählt für eine Ausstellung. Er kehrt
mit dem Medium Ausstellung nicht nur an einen Ort seiner ersten Fotos
zurück – Leipzig, Halle, Ostberlin, München – sondern aktualisiert mit
diesem kleinen Querschnitt, bei rund 100000 Aufnahmen im Archiv, die
seit 1980 entstanden sind, auch seine eigene Aktfotogeschichte, resp.
-biografie.
Wichtig ist zu erkennen, dass es sich hier nicht um Vergleichsbilder geht,
Bilder derselben Person zu unterschiedlichen Zeiten, sozusagen Zeitsprünge
der Biografie. Eher geht es um formale Analogien, um Bildrätsel, um
kleine Motive, die in der Fotografie damals wie heute auftauchen, und
trotzdem grössere Unterschiede erkennen lassen.
Solche fotografischen Quervergleiche und Längsschnittuntersuchungen –
wie von Fee Schlapper («Gegenüberstellung. Porträts über die Zeit», 1988),
Bernd Lasdin («Zeitenwende. Portraits aus Ostdeutschland 1986–1998»,
1998; «Westzeit-Story. Portraits aus Westdeutschland 1989–1999»,1999),
Barbara Davatz («As time goes by», 1999, 2014), Eva Mahn («Heilige
Familie», 2003), Werner Mahler («Schulklasse», 2004) oder Jeffrey A.
Wolin («Pigeon Hill: then and now», 2016) – gibt es zwar auch bei Thomas
Karsten, doch sind diese nicht so leicht zusammenzustellen, weil die foto-
grafierten Frauen, wie erwähnt, nur in einem engen Zeitkorsett für Aktauf-
nahmen zu haben sind. Danach verlieren sie ihr Interesse, tauchen ab und
unter und zeigen sich nicht mehr. Unbestritten wäre ein solches Desiderat,
Körpergeschichte im Vergleich zu sehen, die früheren Modelle aus den
1980er-Jahren wieder zu besuchen und daraus einen Bildvergleichsalbum
zu machen. Wohl würde man entdecken, wie aus dem weiblichen Jungs-
pund, aus dem Frechdachs mit gehörigem Risikoprofil, aus dem Luder
der Zeit von Sturm und Drang eine gewisse Behäbigkeit resultiert, weibli-
che «Muttihaftigkeit», oder auch Verbitterung, weil der Alterungsprozess
in unserer Gesellschaft nach wie vor als Zerfallsprozess wahrgenommen
wird. Aber eben: Gemacht ist diese Publikation (noch) nicht.
Der Körper ist ein Instrument, ein bewusster Teil, Wirkung zu erzeugen,
Lust anzuzeigen. Neugierde und Reiz sind offensive Verhaltensweisen. In
den älteren Aufnahmen sind die Frauen eher bei sich, in sich. Der Blick
von aussen wird pariert, wird gestoppt. In den Fotos jüngeren Datums
wird der Blick von aussen nicht nur zugelassen, sondern geradezu ersehnt.
Schau mich an, ich spiele mit mir, aber du bist leider nicht dabei, du darfst
leider nicht dabei sein. Der Blick geht nach aussen, soll auf einen Betrach-
ter wirken. Der Augenkontakt mit dem Betrachter erzeugt eine Wirkung
von Verbundenheit, von Vertrautheit. – Täusche ich mich oder hat die
Koketterie ebenso zugenommen? Wird die Distanz für eine Berührung
umso grösser je mehr man von sich zeigt? Zeigt frau sich, um den Mann
auf Distanz zu halten, weil dieser dank all den Debatten, Vorwürfen, Äch-
tungen, Eintrichterungen und Gerichtsprozessen weiss, dass er nur schau-
en darf?
So bleibt ein Trost: Eher stirbt die Menschheit aus als dass sie auf medial
wirksame Akte und Artefakte der Lust und List an sich verzichtet.
ca. 300 Seiten ca. 200 Abbildungen Format 21×30 cm, 170g schweres Kunstdruckpapier, SW (alles 4 farbig CMYK) Hardcover Fotobuch mit verschiedenen Texten Texte: Deutsch, Englisch Preis: 68,00 Euro ISBN: 978-3-03858-511-4 edition ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ, 2017
Black, White, and Naked is Thomas Karsten’s second volume devoted to German actress, Marina Anna Eich. In 2014 he published Marina Anna Eich: An Erotic Portrait. This first work was shot in full color. This newer book, like the title suggests is all black & white, featuring 240 photos. And it’s a beautiful portrait of a most alluring woman. Marina is known as a film actress and producer in her country. She is also a linguist and a classically trained ballet dancer. Video clips and interviews highlight her gentle, intelligent nature and a sweet, feminine demeanor. In contrast, when modeling for Karsten, she unleashes her inner siren – gorgeous, confident, and unabashedly sexual.
Tall and blonde with a dancer’s exquisite, supremely fit form, Marina is a natural before the camera. She is a commanding presence. And Karsten’s black & white photography is the perfect compliment to her daring acts within Black, White, and Naked. The monotone format subdues what might be overwhelming in color and accentuates the glorious, seemingly perfect form that is Marina. Karsten goes everywhere – there are close ups of Marina fingering her vagina, probing her anus, masturbating with dildos, peeing in the snow, and more. Together they are fearless. They are also perfect – both Karsten’s compositions and Marina’s flawless, exquisite form are breathtaking. And its inspiring.
Photographers dream of discovering a muse like Marina; models dream of being discovered by such a capable visionary as Thomas Karsten. This new volume, like its predecessor, showcases the magic that can happen when two perfect souls find each other. Black, White, and Naked exemplifies what high-end, artistic erotica looks like.
Michelle7-Erotica.com
THOMAS KARSTEN AND MARINA ANNA EICH: THE GIFT OF JOY
by John Wood
In “Thomas Karsten and the Gift of Joy,” the introduction to his book White Line, I wrote that “Karsten is a great artist who boldly takes eroticism as his theme—healthy, natural, human eroticism untrammeled by puritanical shame. He is an artist who like poets Walt Whitman and E. E. Cummings communicated the dignity of the erotic experience along with its sensuous thrill.” 1 In one of the previous century’s most joyful, passionate, and erotic poems, poet E. E. Cummings wrote,
I like my body when it is with your body. It is so quite a new thing. Muscles better and nerves more. i like your body. i like what it does, . . . i like kissing this and that of you,
This poem reflects that same joyful, passionate, and erotic spirit of Thomas Karsten’s photographs. Erotic art, like any other visual art, is only good if it pulls us back again and again to gaze, to wonder, and to consider. Its power is the same as that of great music which demands we listen again and again, no matter how many times we already have, or great poetry whose melodies and metaphors make us read, reread, and then read again.
The mark of great art is that it is forever fresh and forever rewarding. Unlike pornography, which can lose its erotic charge upon subsequent viewings and necessitate the need for fresh, new examples, true erotic art, regardless of how often it is viewed, remains aesthetically compelling and sexually stimulating. The captured erotic instant must be so caught that the fire of passion burns through time and circumstance—just as it does in the Barberini Faun or Rodin’s similar fauness, Iris, messagère des Dieux, in Rembrandt’s etchings, in Courbet’s L’Origine du monde, the watercolors and drawings of Schiele, in Modigliani, Pascin, Balthus, Belmer, and other masters of the erotic.
Karsten’s newest work, a book of pure, sacred, and erotic hedonism, is a celebration of the sensuousness and beauty of Marina Anna Eich, one of the world’s most alluring women and one of Germany’s great film stars. Karsten’s book is truly a celebration of the original Garden of Eden, the one the great English mystic poet William Blake wrote of in his poetry, a fragrant, lush garden wrecked by a “jealous” deity more interested in mindless obedience and slavery than in independence and joy—the two necessities for a full and complete life.
Here is Eden, the real Eden, where there is no shame—only the labors of joy and pleasure. No other erotic photographer has ever so caught that Edenic moment as Thomas Karsten has. That same sense of a paradise blended with simple joy and frolicksom fun is evident in all his books. Looking at his work, one would think that he set it as his task to cleanse the photographic world of unarousing pseudo-eroticism. Karsten rescues erotic photography from its two equally boring polar opposites: bland nudes in “arty,” sexless poses that stir not the slightest thrill and extreme fetishistic images of humiliation and domination. Erotic art, as I said, is like any other visual art. It is only good if it pulls us back again and again to gaze, to wonder, and to consider the magical gift before our eyes.
Thomas Karsten celebrates the sexual as it should be celebrated, as healthy men and women have always celebrated it. Like America’s greatest poet Walt Whitman, Karsten understands that
Sex contains all, bodies, souls, Meanings, proofs, purities, delicacies, results, promulgations, Songs, commands, health, pride, the maternal mystery, the seminal milk, All hopes, benefactions, bestowals, all the passions, loves, beauties, delights of the earth, All the governments, judges, gods, follow’d persons of the earth, These are contain’d in sex as parts of itself and justifications of itself. (from “A Woman Waits for Me”)
In other words, the erotic is its own justification because it permeates and invigorates every aspect of our lives. Hart Crane, another great poet and singer of the authentic America before it was hijacked by the xenophobes and religious fundamentalists, wrote that “all else” but our “lusts” are “a fake and mockery.” Our lusts define us, and there should be no shame in them, in sex, or in the erotic.
Part of the joy of erotic art, especially erotic photography, is that it—again like all the other arts—is a gift to us from the artist and the model, a gift of the emotion inherent in it. Even though erotic art can be an aphrodisiac, it is never meant to be a substitute for sex, any more so than Blake’s Prophetic Books are meant to be a substitute for actual spiritual experience. Both are emotional gifts, one meant to stimulate spiritual contemplation, the other sexual contemplation. When we look at a painting by Caspar David Friedrich or Arnold Böcklin, we do so in order to feel the emotion they felt, just as we listen to a symphony by Mahler or read a poem by Yeats in order to have their emotion recreated and transmitted to us across time. Art is a way for us to have more Life. It is the gift of life itself, for it allows us to absorb into our lives the most essential creative moments of the lives of Blake, Friedrich, Böcklin, Mahler, Yeats, Karsten, and others—but not forgetting those of the visual artists’ models.
When we look at Egon Schiele’s work, for example, at his models with their legs opened for the viewer’s eyes, or the smiling model in Die Traume-Beschaute who has spread her labia apart so that we might even more clearly see her, we can be assured these models were active partners in the creation of the works’ emotional gifts, which in those cases were erotic gifts. Karsten shaped the aesthetic dimension of his photographs and chose to capture and frame certain emotional moments while rejecting others, but part of his work’s gift to the viewer was also shaped by Marina Anna Eich, one of Germany’s leading film stars, a producer, and a linguist. Erotic art, then, is clearly the most generous of the visual arts. Artist and model jointly agree to create and share with others a moment that is usually private, hidden from view, a moment that exists behind closed doors. But it is also the kind of moment which, probably from the beginning of humanity, other people have always wanted to witness. Voyeurism is as natural to our species as is sex. We love knowing the private lives of others. The more private, the more personal the details, the more curious we are to know them. I asked Marina Anna Eich about her experience of working with Karsten. She told me she “did enjoy the project as Thomas has this skill to catch sensuality and nudity in such a nativeness. At some point I didn’t even realize that he was still there being so positively distanced and with a lot of discretion.”
Artists choose to share what they feel comfortable sharing. Rousseau could admit to despicable deeds and personal secrets, things which would have embarrassed others to reveal, just as Yeats could share the frustrations of an old man’s still vibrant lusts but waning vitality, and Musil his casual acceptance of cruelty, or Céline his conflicting anti-Semitism and kindness, or Dostoyevsky his guilt. Fortunately all artists and all models are not alike, and so our lives are enriched by whatever aspects of their personalities they have felt they could share. We take delight in Karsten’s art—and Marina Anna Eich’s generous participation in it—just as we do in the collaboration of any artist and his or her model. Each masterfully communicates what she or he was driven to say, and the result is an aesthetic, psychological, or erotic pleasure—and often a combination of the three, as we see in Eich’s and Karsten’s emotionally rich collaboration.
However, those most private of artistic gifts—the erotic ones—are always the rarest and often the most desired. In the West they have historically been the most denied and the most railed against because of the unhealthy and debilitating hostility of Judaism, Christianity, and Islam to pleasure and to the senses—or at least those three sister religions’ inability to openly acknowledge and delight in the physical. Not since the loss of the classical world has one been able to find urban wall-sculpture depicting erect penises around which is written the joyful Latin expression Hic Habitat Felicitas (Here Lives Happiness.) The triumph of those three austere, desert religions substituted the intoxicating ambrosia of life for a dry, choking, unleavened manna.
The inhabitants of Thomas Karsten’s artistic world still feed on ambrosia and are classically defined. Karsten obviously communicates the playfulness and desire of the bodies he is photographing, but like any other fine arts photographer, he also conveys their sculptural depth and density. His angle and lighting here turn Eich’s voluptuous body into marble, but marble of the most supple and tender quality. Her hands caress herself and transform her into classical sculpture, into a dream of the most rapturous Venus. And again she and Karsten evoke the poetry both of Whitman and Cummings.
In „Spontaneous Me“ Whitman wrote:
Love-thoughts, love-juice, love-odor, love-yielding, love-climbers, and the climbing sap, Arms and hands of love, lips of love, phallic thumb of love, breast of love, bellies press’d and glued together with love, Earth of chaste love, life that is only life after love, The body of my love, the body of the woman I love, the body of the man, the body of the earth.
What Karsten so clearly understands about the nude is a quality both John Berger and Kenneth Clark equally understood and described.
To render the nude properly one must know the “alphabet of love,” as John Berger put it in his essay on Modigliani. “Everything begins with the skin, the flesh, the surface of the body, the envelope of the soul,” Berger wrote. And he continued to say, “Whether the body is naked or clothed . . . makes little difference. Whether a body is male or female makes no difference. All that makes a difference is whether the painter [or the photographer, I would add] had, or had not, crossed that frontier of imaginary intimacy on the far side of which a vertiginous tenderness begins. Everything begins with the skin and what outlines it. And everything is completed there too.”2
And as Kenneth Clark famously stated, “No nude, however abstract, should fail to arouse in the spectator some vestige of erotic feeling, even if it be only the faintest shadow—and if it does not do so it is bad art and false morals.”3
It is “the body of the earth,” it is Gaia, the sacred, living, breathing, procreating, sexually abounding planet herself that the erotic most assuredly and most touchingly celebrates.
Yet there is still more in these photographs, a quality that is so often missing from most “erotic photography” and “erotic literature”—and that is the sheer, unadulterated sense of fun, of joy, and of play—those qualities that give eros so much of its definition. Eich and Karsten were both obviously having fun in making these photographs, which was a three year project. Their pleasure is as evident as any receptive viewer’s must also be.
“The root of the root, the bud of the bud, the sky of the sky of a tree called life,” as Cummings put it—that is finally the meaning of Thomas Karsten’s art. It is the celebration and adoration of that sacred, blessed tree called Life, the tree from which no fruit is ever forbidden.
Notes
1. White Line, photographs by Thomas Karsten (Vevais, Germany: Edition Galerie Vevais, 2006, deluxe portfolio edition ; Edition Galerie Vevais, 2008, regular edition). Several passages or variants of them from White Line also appear in this essay.
2. John Berger, “Modigliani’s Alphabet of Love,” in John Berger Selected Essays, ed. Geoff Dyer (New York: Pantheon Books, 2001), 391.
3. Kenneth Clark, The Nude: A Study in Ideal Form (New York: Pantheon Books, 1956), 17.
Author’s Note: John Wood is an American poet and art critic. He co-curated the Smithsonian Institution/National Museum of American Art exhibition Secrets of the Dark Chamber, the catalogue of which was a New York Times Book Review Book of the Year. He holds a Ph.D. in English literature and held the Pinnacle Professorship in Liberal Arts at McNeese University, where he directed the MFA program in Creative Writing and Graduate Studies in English for thirty years. In addition to holding a professorship in English literature, he also held a professorship in photographic history. He has frequently given lectures at Harvard and many museums including the Museu Nacional d’Art de Cataluyna (Barcelona), where his subject was the neglected field of Spanish Pictorial Photography. He is Editor of 21st Editions, a fine arts photographic press in the U.S., and a co-editor of Edition Galerie Vevais in Germany. His books of criticism as well as his books of poetry have won a variety of awards including the 2009 Gold Deutscher Fotobuchpreis. He has published books on Flor Garduño, Sally Mann, Eikoh Hosoe, Wouter Deruytter, Brigitte Carnochan, four on Joel-Peter Witkin, including Witkin’s journals, which he edited, and many other photographers. He has a book forthcoming from EGV jointly written with Harvard poet and art critic Steven Brown on Spanish painter Dino Valls.
…und schön bin ich doch! By Thomas Karsten | Published 2017
This may be Thomas Karsten’s most important and long-remembered book. And that’s saying a lot, given that he’s published over a dozen of them. His new title, …und schön bin ich doch! translates to „I am beautiful!“ and is comprised of black & white photographs Karsten took from 1980 to 1990, mainly in what was then East Germany. As he recounts, „It started, about 36 years ago .. in Leipzig. After reviewing these photos … I found [them] still current and somehow timeless, apart from the pubic hair“.
Thomas Karsten is humble; this body of work is an actual time capsule from a bygone era that seems far more distant that it really should. Little more that a single generation past, Europe was split in half, with the people of East Germany unknown and slandered (by those in the West). Karsten’s imagery transports us back to that world and showcases a beautiful collection of people, from young to old, shedding their clothes as if they were shedding the very constraints and inhibitions of Eastern Bloc malaise.
In this day of iphones and selfies, photos are different. Even nudes are different. Sometimes it takes the past work of master photographers like Thomas Karsten to remind us of the power that thoughtful photography holds. His images here are saturated with meaning and portent. Each image is a jewel, an emblem of beauty and freedom. Present day photographers would do well to study this collection and pray that their work holds ups so well.
Michelle7.com
Was sind schon 36 Jahre?
von Thomas Karsten (Uffenheim, 2016)
Es ist das erste Mal, daß ich ein paar Sätze zu einem meiner Bücher schreibe. Aber es ist ein besonderes Projekt. Begonnen hat es, vor ungefähr 36 Jahren, mit ersten Fotografien in Leipzig. Nach erneuter Durchsicht dieser zwischen 1980 bis 1990 entstandenen Fotografien und vor allem auch der Texte von 1987 habe ich festgestellt, daß beides immer noch aktuell und irgendwie zeitlos ist; abgesehen von den Schamhaaren, obwohl ja auch diese gerade ein Revival erleben…
Längst umgesiedelt in den Westteil Deutschlands kam 1985/86 die erste Idee zu einem Fotobuch, damals in Zusammenarbeit mit Dorin Popa (Popa Verlag). Nach ersten Absprachen mit meinem Freund Fritz aus Zürich stand das Konzept. Fritz sollte zu allen im Buch abgebildeten Personen reisen und Interviews machen. Die Textauszüge sollten den Bildern gegenübergestellt werden. Das war damals eine abenteuerliche Sache, da viele der abgebildeten Frauen und Männer in der DDR wohnten. Ausgestattet mit einem «West-Kassettenrecorder» und seinem Schweizer Paß (mit dem er sich in Sicherheit wähnte) machte er sich auf die große, journalistisch etwas illegale, für ihn aber auch exotische Reise in den Osten. Zurückgekommen ist er mit einer Unmenge an akustischem Material (neben vielen Begegnungen, die seinen Horizont erweitert haben, Reisen bildet ja immer…). Doch auch Schweizer Päße schützen nicht vor Verhaftungen in Karlsbader Hotels, wenn unbedingt geklärt werden muß, was der Grund für diese Ost-Westkontakte sind…
Irgendwie, oder weil sich das Projekt zu sehr in die Länge zog, kam die Zusammenarbeit mit dem Popa Verlag zum Erliegen. Alsbald war aber über eine befreundete Lektorin im Prestel Verlag ein Kontakt zum Bucher Verlag in München hergestellt. Dieser Verlag suchte ein Nachfolgeprojekt zum damals sehr erfolgreichen Buch «Boys» von Will McBride. Das Problem war nur, daß sie das gleiche Konzept mit ähnlichem Layout anwenden wollten und dafür war unser Projekt zu textlastig. Ich wurde vor die Entscheidung gestellt: Text raus oder keine Veröffentlichung bei Bucher. Die Verlockung, in die Fußstapfen von Will McBride zu treten, war dann doch, für einen unbekannten Exossifotografen wie mich, zu groß. Nach langem Hin und Her habe ich mich für den Bucher Verlag entschieden. Das Buch erschien 1988 – ich war gerade 30 Jahre alt geworden – und bekam den renommierten «Kodak Fotobuchpreis».
Wegen dieses Entscheids wäre fast die Freundschaft mit Fritz zerbrochen. Er fand es, durchaus gerechtfertigt, sehr ungerecht, daß ich eigenständig das eigentlich gemeinsame Projekt für meine Karriere kippte, nachdem er unzählige Tage und Nächte, ja Wochen, an den Texten gearbeitet hatte. Einigermaßen gerettet haben wir die Situation mit einem Kompromiß. Fritz, der damals den «raum f» für Fotografie und Performance in Zürich betrieb, verarbeitete für eine Außtellung samt Edition einen Großteil der Texte und Eßays, weshalb gemäß der Zürcher Ausgabe von 1988 die schweizerdeutsche Rechtschreibung zur Anwendung kommt. Das reichlich mit Bildern ausgestattete Buch …und schön bin ich doch» wurde auf einer Xerox-Maschine hergestellt, in Handarbeit gebunden und mit einem Original bestückt. Jetzt ist es ein begehrtes Sammlerobjekt, da es davon bloß 30 Exemplare gibt.
Seither hat Fritz etliche Texte für meine nachfolgenden Bücher verfaßt, war getreues, phantasiereiches Aktmodell und stets ein kompetenter, wissensreicher Berater in Sachen Bücher und Layout.
NACH-RUF
von Fritz Franz Vogel (Diessenhofen, 2016)
Es ist vorbei. Schon lange vorbei. Die Zeit war eine andere. Der Körper ohnehin ein anderer. Vorbei. Endgültig.
Mit diesem Buch sind wir wieder dort, wo wir angefangen haben. Freund und Fotograf Thomas, ich mit dem Schreiben und als bisweilen fokussiertes Subjekt, damit die Phalanx der Frauenschönheit gebrochen wird; ein nackter Mann ist per se ja nicht grundsätzlich schlechter als eine nackte Frau. Aber klar, die männlichen Zuschreibungen an das schöne Geschlecht sind natürlich gewaltig. Und die Werbeindustrie hat in den letzten drei Jahrzehnten diesbezüglich kaum eine Korrektur hinterlassen, außer daß heute an das male model, der Quotenmann, genauso Ansprüche gestellt werden, daß Mann und Frau ihn attraktiv finden kann. Männer schauen auf Frauen, Frauen schauen durch sie hindurch auf sich.
Es ist also lange her, seit Thomas angefangen hat, mit seiner Kamera das Wesen von vorwiegend weiblichen Menschen aufzuspüren, indem er ihnen eine Bühne bot, ausgezogen vor seiner Kamera zu agieren, ohne Vorgaben und Direktion, ohne Schminke und Pose, dafür mit Frohsinn und Vergnügen, mit Spiellust und Leidenschaft, zwischen Scham und Selbstbewußtsein. 35 Jahre lang hat er Frauen «gesammelt» und ihnen selbst via ihr Konterfei dargereicht. Für die Öffentlichkeit sind hiermit 20 Aktbücher entstanden, zur Erbauung, zur Schaulust, zur Befriedigung. Die 1000 Models sind ihm allerdings wieder abhanden gekommen, denn die Fotosession war bloß ein Moment in ihrer Biografie, sich selbst zu entdecken, sich zu produzieren, aus sich herauszugehen und sich von außen zu überprüfen. Eine Handvoll hat ihm etwas länger beigewohnt oder beigeschlafen.
Nun, hier sind die Aktporträts der ersten Stunde versammelt, ein Begriff, der damals mit dieser Art Fotos fotohistorisch faßbar und begründet wurde – von Thomas, aber auch von Christian Vogt, Jean-François Bauret und Ingo Taubhorn, später Bettina Rheims, Jock Sturges oder Greg Friedler. So hat man die Porträtierten im Kopf, so sind sie einem mental präsent. Fast alle sind aus dem Blickfeld verschwunden. Und wer mal wieder aufgetaucht ist, der ist gereift, hat Speck angesetzt, ist mit Runzeln befrachtet, das Haar ist ergraut, ehemals pralle Brüste streben nur in Richtung des Newtonschen Gesetzes, aus Teenagern wurden Großmütter. Die Vergänglichkeit ist radikal, der Körper kennt nur eine Option: Verfall. Klar wird das etwas aufgefangen mit Reife und Lebenswille, Luzidität, Wissen und Weisheit. Doch die Fotografie fängt derlei nicht ein. Der Fluch der Zukunft lastet schwer auf alten Fotografien, jedenfalls für jene, die sich in den alten Bildern wiederfinden möchten.
In diesem Zeitbild haben wir es mit Jugendlichkeit zu tun. Diese ist geblieben. Das Wesen der Fotografie ist der Erhalt des einen Moments. Und so erstaunt die Fotografie mit ihrem untrüglichen, ja schmerzlichen Charakter: Es bleibt wie es (schön) war. Kein Wunder, wollen die meisten der Abgebildeten von den Bildern nichts mehr wissen, geschweige denn, neue Bilder machen. Die Aura der damaligen Fotografie ist in die Neuzeit gerettet. Wir von damals erscheinen heute noch frisch und wendig, erquickt und munter, sind voll von Flausen in Sturm-und-Drang-Zeiten. Die Fotografie ist nicht eine Spur in die Vergangenheit, sondern eine Projektion in die Zukunft. Die Zeit ist verflossen, doch die Bilder sind geblieben: wahr, ja wahrhaftig. Das ist erschreckend.
Und der Zeitschnitt offenbart: Es hat sich einiges geändert. Zum einen ist es schwieriger geworden, models zu finden. Die Jüngeren sind nicht mehr so offen, die Gesellschaft tabuisiert heute öffentliche Nacktheit eher als noch im Zuge der Aufklärung der späten 1960er-Jahre. Die Freiheiten wären zwar da, doch machen sich restaurativere Zeiten bemerkbar. Man gibt sich gerne freizügig, doch nicht unbedingt vor einem Fotografen. Zudem macht ja jede seine Bildchen von sich alleine zu Hause oder im engen Freundeskreis. Er stellt zwar all die Anzüglichkeiten in (sogenannt soziale) Netzwerke, doch dies gehört eher zum Gesellschaftßpiel der peergroup als zum ernsthaften Ansinnen, sich mit dem (eigenen) Körper auseinanderzusetzen. Die Texte von damals machen das ohne Zweifel deutlich. Diese Selbstbestimmtheit, dieses Bewußtsein für sich und für den Körper, dessen Bezug zum Lebensraum, sind heute gegeben; man muß sie sich nicht mehr begründen und erobern gegenüber der vorangehenden Gesellschaft. Die Ernsthaftigkeit der fotografischen Sitzung ist dem simplen selfie gewichen. Als eine einfache Form der Kommunikation produziert sich dieses Spiel um Gesehenwerden und Anerkennung ohne Unterbruch, Plan und Stil. Nicht nur die Eigenwahrnehmung und das Selbstbild werden heute dank den tragbaren Multifunktionsgeräten exzeßiv betrieben. Man glaubt, gute Bilder von sich zu haben, in Wirklichkeit sind sie bloß eine Armlänge vom Narzißmus entfernt. Der Ausdruck von Intimität und Schüchternheit, wovon die Interviewten damals erzählten, diese Auseinandersetzung und sexuelle Befreiung im Kleinen, kommt darin kaum vor.
Doch nicht nur die Aneignung des Selbstbildes hat sich geändert. Auch die Kameratechnologie hat einen Wandel gemacht. Zwar ist das Resultat noch immer ähnlich: ein Simulacrum der Wirklichkeit. Doch Fotolabor und Schwarz/Weiß-Chemie haben einem Rechner mit Bildschirm Platz gemacht, angeschloßen an Peripheriegeräte wie Scanner und Speicherstationen. Vergrößerungsgeräte, Entwicklerschalen, Belichtungsuhren, Meßbecher, Thermometer, Abwedler und Retuschierpinsel sind als Werkzeuge in ein Programm namens Photoshop eingebaut. Im Trockenen, bei Tageslicht und im Sitzen statt Stehen wählt und veredelt der Fotograf seine schiere Unendlichkeit von Digitalisaten. Und weil es nur noch die digitale Welt gibt, ist auch die Vergangenheit von Silbernegativen im Mittelformat zu digitalisieren. Der Transfer tut der Bildwirkung jedoch keinen Abbruch. Noch besser sind die Feinheiten am Bildschirm zu kontrollieren und dank großer Abbildung und zeitintensiver Nachbearbeitung zu optimieren, eine Technik, die im monochromen Laborlicht nur mit sehr viel Erfahrung zu bewerkstelligen war.
Wenn früher pro Session vier, fünf Mittelformatfilme á 16 Bilder gemacht wurden, also vielleicht 80 Bilder zur Auswahl vorlagen, so ist es heute leicht das Zehnfache; ein wahrliches Fotoschießen. Und wenn jemand noch einen kleinen Film braucht, kann dieser mit derselben Kamera mitgedreht werden oder die Einzelbilder werden zum clip animiert. Bilder bleiben nicht mehr in Alben und privaten Schatullen, sondern werden ausgelagert und einsehbar gemacht für Krethi und Plethi, verteilt auf eigenen und fremden Plattformen, beschlagwortet, verknüpft und mit unqualifiziert bewertet von Jedermann.
Im Moment der Aufnahme weiß der Abgebildete vom Endprodukt nichts. Der Spiegel der Kamera gibt das Bild erst später preis. So kommuniziert das abgebildete Subjekt mit sich und dem Fotografen. Die Kamera ist dazwischen und registriert Momente, die später zur Referenz von Zeit und Zustand, Befinden und Empfinden werden. Es ist die kristalline Form eines Augenblicks. Die Fotografie als Zeitkapsel verunmöglicht das Vergessen.
Die Metaphysik des Bildes ist ihre Konstanz, ihre Unerbittlichkeit, ihre Hartnäckigkeit, ihr Verharren in der (damaligen) Gegenwart, die zumeist auch nicht mehr wichtig ist. Die Fotografie verweigert sich dem Altern – ihre digitale Form noch radikaler als das analoge Papierbild – auch wenn die Erinnerung dazu verblaßt, eine Erinnerung an etwas, das vielleicht entzückt, vielleicht befremdet. Die Macht der Fotografie als Trägerin des Zeitmoments ist nirgendwo so stark wie dort, wo man selbst Teil der Zeit ist. Das Bild selbst verfestigt die Erinnerung seinerseits und wird sakrosankt. Es wird Chiffre für eine Zeit, die es nur im kurzen Augenblick so gab. Daß die Erinnerung nur ein Körnchen Wahrheit ist, zeigt uns unser eigener Körper; er läuft ohne Unterlaß gegen unsere Vorstellung von ewiger Zeit und Schönheit.
Ein Bildverbot in Betracht zu ziehen, ist ein Humbug. Die Menschheit würde nicht existieren, auch die Natur selber nicht, wenn sie sich nicht permanent mit Fortpflanzung abgeben würde. Es ist ihre Grundarbeit, letztlich ihre einzige Bestimmung. Ohne Sexualität keine Zukunft, für nichts und niemanden.
Dennoch: Man hat immer wieder ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot ausgesprochen, für anzügliche Texte, für offensichtliche Zeichnungen, für realistische Fotografien oder für pornografische Filme. Man wollte Frauen vor Unzucht schützen, Minderjährige vor Verbrechern abschirmen, Tiere vor übergriffen hüten, Väter als Täter überführen, Familiengewalt eindämmen oder die Gesellschaft friedfertiger machen. Die Zensur wurde religiös begründet, moralisch durchdacht, ästhetisch erstrebt, war ökonomisch beeinflusst, feministisch beansprucht oder soziopolitisch bewiesen. Doch jedes Medium hat die Kritik der Gesellschaft erneut ausgelotet, erweitert und mit der ungeheuren Bildproduktion ad absurdum geführt. Sexualität, egal in welcher Form, lässt sich nicht eliminieren, denn sie ist Lernfeld, Streitobjekt, Emanzipationsgrund, Philosophiegegenstand und Lebenszweck. Jede Technik hat je ihre eigenen Körperbilder hervorgebracht: Holzschnitt, Kupferstich, Daguerreotypie, Stereografie, Albuminfotografie, Hochglanzmagazindruck, SX-70, Super-8, VHS, Youporn … Jede Technik hat nicht nur ihre eigene Ästhetik erzeugt — denn die Technik ist weit mehr die Basis für die entsprechende Ästhetik als die ästhetische Reflexion — , sondern hat immer wieder für noch größere Verbreitung gesorgt. Jede neue Technik hat den Faktor der Verbreitung potenziert. Wer heute mit irgendeinem Gerät am Weltnetz angeschlossen ist, hat binnen Sekunden Zugang zum sexualisierten Körper, der nicht sein eigener ist. Allein die Blinden müssen den Voyeurismus entbehren.
Weil Sex an sich die Welt ist und ihr Dasein bedeutet, sind alle Bereiche des Lebens involviert, diesen Lebensdrang, diesen Hotspot und G-Punkt, diese Verführungssucht, dieses Dauerausschweifungspotential zu ahnden, zu zähmen, zu züchtigen, zu begradigen. Wo nackte Haut ist, sind die Gralshüter von Sitte und Moral, die selbsternannten Erzieher zum guten Geschmack, die lauten Prediger des auszurottenden Bösen, die hübschen Kassandras gegen verrufene Geldquellen immer schon zur Stelle, wohlbemerkt mit eigener Doppelmoral. Allein ihre Existenz ist der Beweis, dass es jemand getrieben hat, es gemacht hat, facere, fuck! Keiner ohne Meister Iste, keine ohne l`origine du monde. Und vor allem: Sex ist kommunikativ, lebensbejahend, zukunftsgerichtet. Und: Sex per se hat noch keinen umgebracht!
Wir reden also darüber, immer und ewig. Wir zeigen, was andere treiben, oft und offener als früher. Wir interessieren uns (erstaunlicherweise!) für das, wie es andere treiben, und stellen mit zunehmendem Alter fest, sie machen es gleich wie wir — wenn wir denn können oder noch könnten, wenn wir Möglichkeit hätten, sähen, nutzten. Wir schämen uns, vielleicht, nicht weil wir moralische Skrupel hätten, nein, sondern weil unser (Steh)vermögen abhanden gekommen ist, das Denken vom Fühlen verdrängt worden ist oder weil uns das Geld für käuflichen Sex reut. Begierde und Begehren sind verflogen, die Vagina ist trocken, die Prostata zwingt zum plaisir sec, die Hautlappen hängen über Gebühr. Manchmal mögen intensive Streicheleinheiten, kosmetischer Jungbrunnen oder medizinische Operationen das Auge betrügen, trotzdem sind Kraft und Saft, Straffheit und Steife, Ausdauer und Frische weg. Der Körper ist nicht gleich der Geist, der immer will, aber nicht immer muss. Der Körper hat seine Grenzen, sein Verfallsdatum: wohl denen, die können und dürfen, den andern bekommen wohl die Bilder der andern, die tun und machen. Naturalia non sunt turpia.
Das Schöne am Buch ist sein kompaktes Wesen. Hier wird es gezeigt, beschönigt, ausgeleuchtet: das Schmiegen und Schmusen, das Lecken und Schmatzen, das Saugen und Stoßen, das Keuchen und Knutschen, das Züngeln und Knabbern, das Kneifen und Zwicken. Sex ist Leidenschaft, Sex ist Duldung, Sex ist Zeitvertreib, Sex ist Triebabfuhr. Hier zeigt uns der Fotograf mehr als wir selber sehen, im eigenen Akt und Handeln. Dummerweise haben wir die Augen immer geschlossen, sammeln uns bei den intimeren Handlungen auf uns selbst, erzeugen den Genuss, indem wir uns von der Welt abwenden und uns auf das Lustgeviert einengen, unsere Schwellkörper mit Blut sättigen, sich Cremaster und G-Punkt zusammenballen, damit die Vereinigung Einheit erzeugt, damit es klappt mit den orgiastischen Gefühlen, damit die Entzückungen über den Körper hereinbrechen, die Liebeswellen aus dem Schatzkästlein ausströmen und die Nervenenden zum Tanzen bringen. Ergossen, erschöpft, ermattet, erschlafft.
Der Fotograf ist ein Beobachter, er ist ein Forscher, er ist ein Voyeur, der dem Trubel und Treiben zuschaut, ohne Hemmungen, ohne Kritik, ohne Anstrengung. Die Umgebung ist ein Labor, eine Spielanordnung. Er entdeckt das Vereinigende im Verborgenen, das Lächeln in den Augenwinkeln, verzückte Blicke. Es ist kein Musterbuch für Stellungen, keine Bedienungsanleitung, kein postmodernes Kamasutra. Solcherlei gab es in den 1970ern, um unseren Eltern auf die Sprünge zu helfen, sie unter der geblümten Bettdecke des bürgerlichen Miefs hervorzuholen. Mit den reich bebilderten Hilfsangeboten wurde das Machen einsehbar, teilbar, mit Freude belegt. Mit den Bildern von Thomas Karsten wird der Geschlechtsakt zum Spieleland, zur Kampfwiese, zum Geschlechterdiskurs, zum Ritual um Freiheit und Anerkennung, zum Fragespiel um Dürfen oder Müssen, zum Biotop seltener Spielarten und zum medizinisch kontrollierten Feuchtgebiet. Ausgelassenheit statt Verdruss, Begeisterung statt Trübsal, Erregung statt Unbehagen. Alles ist möglich, doch die knarrende Bettstatt als bürgerlicher Hort der notwendigen Fortpflanzung ist längst passé. Hier sind die Szenerien schöne Prüfstände für allerlei Verbindungsmöglichkeiten: Kommunikationskojen, Kennenlerncouch, Kopulationsklausen, Liebesinseln und und Abhängematten. Es ist ein Kinsey-Report in Fotografie 60 Jahre nach dessen Deutschübersetzung.
Was uns Thomas Karsten außerdem sagt und beweist, ist noch etwas mehr, etwas, was schon fast vergessen ist angesichts aller Narzissmen, selfies, promiskuitiven Nomaden und egoistischen Monaden. Es handelt sich hier um Paare, physisch und psychisch mal enger, mal weniger verbunden, mal um eine Gespielin erweitert, mal auf ein belangloses Techtelmechtel bezogen. Denn Sex allein funktioniert nicht, nicht wirklich. Auch Bilder sind bloß ein schlechter Ersatz (sie sind vielleicht Anschauungsmaterial, Aufklärungsunterricht, Ideenlieferant, Notbehelf, aber kein Ersatz!). Eine echte Person aus Fleisch und Blut hat halt doch den größten Reiz, jemanden von sich zu überzeugen und diese Sache zu beschließen. Eine geile Sache.
Fotografie ist eine Technik, die Oberfläche abbildet. Es gibt kein anderes Organ, das unterschiedlicher und wandelbarer ist als die Haut. Unsere Oberfläche zeigt uns anhand von Aussehen, Farbe, Wärme, Struktur, Reizungen und situationsabhängigen Funktionen unsere Befindlichkeit, aber auch Störungen, Verstimmungen, Krankheiten, Todesnähe. Fotografie ist also prädestiniert, Haut abzubilden, weil sie selber eine technische Haut ist, reproduzierte Hautfetzen der sich wandelnden Welt.
Und noch etwas. Die Karriere von Thomas Karsten — 35 Jahre Aktfotografie, tausend Models, Freunde, Familien, Paare, Partnerinnen, Gespielinnen, zehntausende Filme, eine halbe Million Bilder – kulminiert ein fotografisches Begehren sondergleichen. Es ist eine Leidenschaft, ein Vermächtnis, auch eine Hypothek. Im Konvolut spiegelt sich die Entwicklung der Aktfotografie der letzten drei Jahrzehnte: vom formalen Akt, über die selbstbewusste Ruhe in Aktporträts, über die ungestüme Tumbheit von Teenagern und pickelbefreiten Schönlingen. Der Körper wurde makellos enthaart, dann wieder mit subkutanem Graffiti tätowiert. Die Geschlechtergrenzen wurden aufgeweicht, gesellschaftlich zunächst Geächtetes, Abweichlerisches wie die Transsexuellen kamen in den Fokus. Schließlich kamen Kinder mit zum Fotografiertwerden. Und als diese Kinder größer waren, zeigten sie sich ungehemmt, befreiten ihren Körper in der Natur, frau entledigte sich Tabus, Lesbenszenen, Onanierende, Urinierende und Kopulierende. ältere mischten sich unter Jüngere, Mütter herzten ihre Töchter. Dazwischen kamen die selbstverliebten Partnerinnen, fungierten als Musen, die sich in monografischen Büchern auszogen, ausbreiteten und zu fiktiven Projektionsflächen für träumende Männerherzen wurden. In den drei Jahrzehnten hat sich bezüglich sexueller Selbstfindung und -bestimmung viel getan in der Aktfotografie, zumindest was ihre Veröffentlichung und generelle Akzeptanz angeht, wie auch in der Literatur, wie im Sachbuchbereich, wie in der Werbung. Die Chiffren dazu lauten: de Sade, Bilitis, Peepshow, Klimbim/Tutti frutti, Lara Croft, Aids, Clinton/Lewinsky, Swingerclubs, Sextourismus, Big Brother, PorNo, Partnerbörsen, Intimrasur, Seitensprung, Escort-Service, Viagra/Botox, Pädophilenhysterie, Femen/Pussy Riot, Verrichtungsboxen, bunga-bunga, S/M, sexting, Nacktselfie…
Sex ist entzaubert, popularisiert und kommerzialisiert worden: Alles ist da, das Begehren ist weg. Jede Form sexueller Betätigung ist überall möglich, gewöhnlich, verfügbar, es braucht bloß das Einverständnis des andern. Die sexuelle Revolution ist zu ihrem Ende und Ziel gekommen: Homosexualität ist akzeptiert, jede Geschlechtsvariante hat ihren Begriff und ihr Ikon, zum Spiel um Herrschaft und Unterwerfung gehören Fesseln und Peitschen, Tätowierungen und Piercings kommen und gehen und hinterlassen gegebenenfalls halt Narbenspuren, Schönheitsoperationen sind erschwinglich, Tabus sind beseitigt, Enthemmung wird als Form der Emanzipation gefeiert, Belästigungen werden bestraft, Kindermachen ist notfalls an die Medizin ausgelagert, Frühdiagnosen zur Geschlechts- oder Krankheitsbestimmung und dergleichen nehmen zu, Behinderte haben ein Selbstbestimmungsrecht und kaufen Sex, verschrumpelte Körper alter Leute haben selbstverständlich Koitus. Wer hingegen aufreizende Kleidung und Bauchfreiheit bei Teenagern kritisiert, wird mit einem shitstorm eingedeckt und als Täter beschimpft. Wer ein Migrationskind zum Schwimmunterricht anhält oder das offene Gesicht statt ein Kopftuch propagiert, wird auf die individuelle (Glaubens)freiheit verwiesen. Wer als Turnlehrer die manuelle Sicherung anwendet, kann leicht der übergriffigkeit bezichtigt werden. Wer im Gymnasium erotische Literatur lesen lässt, hat mit einer Hausdurchsuchung zu rechnen. Das Individuelle gilt mehr als der Gemeinsinn. Sex ist überall, Sex ist nirgendwo. Keuschheit und Asexualität hingegen, früher überzeugende Kardinaltugenden, stehen auf dem Index der psychiatrischen Krankheiten.
Die geile Sache ist zwar immer noch dieselbe wie eh und je: aufgereiht an den fünf Haltepunkten zum Parnass – visus, allocutio, tactus, osculum, coitus. Denn an all diesen mehr oder weniger lang zu verweilenden Spielorten braucht es mindestens zwei menschliche Geschöpfe, in möglichst einträchtiger Minne, in gegenseitigem Einverständnis, in ähnlich gelagerter Zielsetzung, in gegenseitig zu erfüllendem Verlangen und Verlustieren. Deshalb ist das tribadische Tun auch bildnerisch interessant, da es von den Zehen bis zu den Haaren reicht und nicht so penisfixiert ist. Dieser gesteigerte Narzissmus, die Spiegelsucht nach sich, die Lust als Dauerbrunftzustand, ein ewiges Kokettieren und Koitieren, Pulsieren und Pervertieren. Gemäß den verführerischen Bildern zu urteilen, scheinen vor allem Frauen die Fähigkeit zu haben, ihre Sexualität mit dem ganzen Körper auszuleben. Dieses Allkörperwahrnehmen, das Sichimandernspüren, das Imanderneinundaufgehen, das Kuschelverstecken erfüllen, das Sanftmütigwonnevollschmiegen. Sie sind nicht so punktuell fixiert wie Männer. Beim Mann gilt (grosso modo): Sex. Punkt. Bei der Frau gilt (grosso modo): Spiel. Komma, Fragezeichen, Auslassungspunkte, Strichpunkt, Gedankenstrich, Doppelpunkt, Ausrufzeichen. Da capo. Vielleicht.
Aber wie es mit dem Sex so ist, es drängen immer wieder neue Personengruppen nach, die noch nicht so viel wissen, die auch teilhaben wollen, die ihre Welt wieder anders erschließen und ihre fotografischen Aushängeschilder und Referenten entwickeln. Thomas Karsten hat für seine Generation alles gezeigt. Er verdient hiermit den Titel „Kinsey der Aktfotografie“.
Marina Anna Eich: An Erotic Portrait By Thomas Karsten Marina Anna Eich is one of Germany´s leading film stars in addition to being a producer and linguist. She is a very attractive woman, with flowing blonde hair and classic Nordic features. She is also shockingly comfortable with her naked body and her sexuality. In this body of work Marina allowed photographer Thomas Karsten unrestrained access to her naked body and her most intimate moments. This book is replete with beautiful portraits of Marina as well as a superb collection of nudes. But it is the images of Marina peeing in the snow and sliding a variety of sex toys into her vagina that are the most unsettling. It feels unnatural for a woman of her classic, feminine beauty to allow such unfettered access. But Ms. Eich and Mr. Karsten brave through the natural human tendencies of privacy and inhibition and truly explore the erotic inclinations of Ms. Eich. This is brave, powerful work, and ultimately it is just as the title suggests … an erotic portrait (of a most lovely subject). Michelle7.com
THOMAS KARSTEN AND MARINA ANNA EICH: THE GIFT OF JOY
by John Wood
In “Thomas Karsten and the Gift of Joy,” the introduction to his book White Line, I wrote that “Karsten is a great artist who boldly takes eroticism as his theme—healthy, natural, human eroticism untrammeled by puritanical shame. He is an artist who like poets Walt Whitman and E. E. Cummings communicated the dignity of the erotic experience along with its sensuous thrill.” 1 In one of the previous century’s most joyful, passionate, and erotic poems, poet E. E. Cummings wrote,
I like my body when it is with your body. It is so quite a new thing. Muscles better and nerves more. i like your body. i like what it does, . . . i like kissing this and that of you,
This poem reflects that same joyful, passionate, and erotic spirit of Thomas Karsten’s photographs. Erotic art, like any other visual art, is only good if it pulls us back again and again to gaze, to wonder, and to consider. Its power is the same as that of great music which demands we listen again and again, no matter how many times we already have, or great poetry whose melodies and metaphors make us read, reread, and then read again.
The mark of great art is that it is forever fresh and forever rewarding. Unlike pornography, which can lose its erotic charge upon subsequent viewings and necessitate the need for fresh, new examples, true erotic art, regardless of how often it is viewed, remains aesthetically compelling and sexually stimulating. The captured erotic instant must be so caught that the fire of passion burns through time and circumstance—just as it does in the Barberini Faun or Rodin’s similar fauness, Iris, messagère des Dieux, in Rembrandt’s etchings, in Courbet’s L’Origine du monde, the watercolors and drawings of Schiele, in Modigliani, Pascin, Balthus, Belmer, and other masters of the erotic.
Karsten’s newest work, a book of pure, sacred, and erotic hedonism, is a celebration of the sensuousness and beauty of Marina Anna Eich, one of the world’s most alluring women and one of Germany’s great film stars. Karsten’s book is truly a celebration of the original Garden of Eden, the one the great English mystic poet William Blake wrote of in his poetry, a fragrant, lush garden wrecked by a “jealous” deity more interested in mindless obedience and slavery than in independence and joy—the two necessities for a full and complete life.
Here is Eden, the real Eden, where there is no shame—only the labors of joy and pleasure. No other erotic photographer has ever so caught that Edenic moment as Thomas Karsten has. That same sense of a paradise blended with simple joy and frolicksom fun is evident in all his books. Looking at his work, one would think that he set it as his task to cleanse the photographic world of unarousing pseudo-eroticism. Karsten rescues erotic photography from its two equally boring polar opposites: bland nudes in “arty,” sexless poses that stir not the slightest thrill and extreme fetishistic images of humiliation and domination. Erotic art, as I said, is like any other visual art. It is only good if it pulls us back again and again to gaze, to wonder, and to consider the magical gift before our eyes.
Thomas Karsten celebrates the sexual as it should be celebrated, as healthy men and women have always celebrated it. Like America’s greatest poet Walt Whitman, Karsten understands that
Sex contains all, bodies, souls, Meanings, proofs, purities, delicacies, results, promulgations, Songs, commands, health, pride, the maternal mystery, the seminal milk, All hopes, benefactions, bestowals, all the passions, loves, beauties, delights of the earth, All the governments, judges, gods, follow’d persons of the earth, These are contain’d in sex as parts of itself and justifications of itself. (from “A Woman Waits for Me”)
In other words, the erotic is its own justification because it permeates and invigorates every aspect of our lives. Hart Crane, another great poet and singer of the authentic America before it was hijacked by the xenophobes and religious fundamentalists, wrote that “all else” but our “lusts” are “a fake and mockery.” Our lusts define us, and there should be no shame in them, in sex, or in the erotic.
Part of the joy of erotic art, especially erotic photography, is that it—again like all the other arts—is a gift to us from the artist and the model, a gift of the emotion inherent in it. Even though erotic art can be an aphrodisiac, it is never meant to be a substitute for sex, any more so than Blake’s Prophetic Books are meant to be a substitute for actual spiritual experience. Both are emotional gifts, one meant to stimulate spiritual contemplation, the other sexual contemplation. When we look at a painting by Caspar David Friedrich or Arnold Böcklin, we do so in order to feel the emotion they felt, just as we listen to a symphony by Mahler or read a poem by Yeats in order to have their emotion recreated and transmitted to us across time. Art is a way for us to have more Life. It is the gift of life itself, for it allows us to absorb into our lives the most essential creative moments of the lives of Blake, Friedrich, Böcklin, Mahler, Yeats, Karsten, and others—but not forgetting those of the visual artists’ models.
When we look at Egon Schiele’s work, for example, at his models with their legs opened for the viewer’s eyes, or the smiling model in Die Traume-Beschaute who has spread her labia apart so that we might even more clearly see her, we can be assured these models were active partners in the creation of the works’ emotional gifts, which in those cases were erotic gifts. Karsten shaped the aesthetic dimension of his photographs and chose to capture and frame certain emotional moments while rejecting others, but part of his work’s gift to the viewer was also shaped by Marina Anna Eich, one of Germany’s leading film stars, a producer, and a linguist. Erotic art, then, is clearly the most generous of the visual arts. Artist and model jointly agree to create and share with others a moment that is usually private, hidden from view, a moment that exists behind closed doors. But it is also the kind of moment which, probably from the beginning of humanity, other people have always wanted to witness. Voyeurism is as natural to our species as is sex. We love knowing the private lives of others. The more private, the more personal the details, the more curious we are to know them. I asked Marina Anna Eich about her experience of working with Karsten. She told me she “did enjoy the project as Thomas has this skill to catch sensuality and nudity in such a nativeness. At some point I didn’t even realize that he was still there being so positively distanced and with a lot of discretion.”
Artists choose to share what they feel comfortable sharing. Rousseau could admit to despicable deeds and personal secrets, things which would have embarrassed others to reveal, just as Yeats could share the frustrations of an old man’s still vibrant lusts but waning vitality, and Musil his casual acceptance of cruelty, or Céline his conflicting anti-Semitism and kindness, or Dostoyevsky his guilt. Fortunately all artists and all models are not alike, and so our lives are enriched by whatever aspects of their personalities they have felt they could share. We take delight in Karsten’s art—and Marina Anna Eich’s generous participation in it—just as we do in the collaboration of any artist and his or her model. Each masterfully communicates what she or he was driven to say, and the result is an aesthetic, psychological, or erotic pleasure—and often a combination of the three, as we see in Eich’s and Karsten’s emotionally rich collaboration.
However, those most private of artistic gifts—the erotic ones—are always the rarest and often the most desired. In the West they have historically been the most denied and the most railed against because of the unhealthy and debilitating hostility of Judaism, Christianity, and Islam to pleasure and to the senses—or at least those three sister religions’ inability to openly acknowledge and delight in the physical. Not since the loss of the classical world has one been able to find urban wall-sculpture depicting erect penises around which is written the joyful Latin expression Hic Habitat Felicitas (Here Lives Happiness.) The triumph of those three austere, desert religions substituted the intoxicating ambrosia of life for a dry, choking, unleavened manna.
The inhabitants of Thomas Karsten’s artistic world still feed on ambrosia and are classically defined. Karsten obviously communicates the playfulness and desire of the bodies he is photographing, but like any other fine arts photographer, he also conveys their sculptural depth and density. His angle and lighting here turn Eich’s voluptuous body into marble, but marble of the most supple and tender quality. Her hands caress herself and transform her into classical sculpture, into a dream of the most rapturous Venus. And again she and Karsten evoke the poetry both of Whitman and Cummings.
In „Spontaneous Me“ Whitman wrote:
Love-thoughts, love-juice, love-odor, love-yielding, love-climbers, and the climbing sap, Arms and hands of love, lips of love, phallic thumb of love, breast of love, bellies press’d and glued together with love, Earth of chaste love, life that is only life after love, The body of my love, the body of the woman I love, the body of the man, the body of the earth.
What Karsten so clearly understands about the nude is a quality both John Berger and Kenneth Clark equally understood and described.
To render the nude properly one must know the “alphabet of love,” as John Berger put it in his essay on Modigliani. “Everything begins with the skin, the flesh, the surface of the body, the envelope of the soul,” Berger wrote. And he continued to say, “Whether the body is naked or clothed . . . makes little difference. Whether a body is male or female makes no difference. All that makes a difference is whether the painter [or the photographer, I would add] had, or had not, crossed that frontier of imaginary intimacy on the far side of which a vertiginous tenderness begins. Everything begins with the skin and what outlines it. And everything is completed there too.”2
And as Kenneth Clark famously stated, “No nude, however abstract, should fail to arouse in the spectator some vestige of erotic feeling, even if it be only the faintest shadow—and if it does not do so it is bad art and false morals.”3
It is “the body of the earth,” it is Gaia, the sacred, living, breathing, procreating, sexually abounding planet herself that the erotic most assuredly and most touchingly celebrates.
Yet there is still more in these photographs, a quality that is so often missing from most “erotic photography” and “erotic literature”—and that is the sheer, unadulterated sense of fun, of joy, and of play—those qualities that give eros so much of its definition. Eich and Karsten were both obviously having fun in making these photographs, which was a three year project. Their pleasure is as evident as any receptive viewer’s must also be.
“The root of the root, the bud of the bud, the sky of the sky of a tree called life,” as Cummings put it—that is finally the meaning of Thomas Karsten’s art. It is the celebration and adoration of that sacred, blessed tree called Life, the tree from which no fruit is ever forbidden.
Notes
1. White Line, photographs by Thomas Karsten (Vevais, Germany: Edition Galerie Vevais, 2006, deluxe portfolio edition ; Edition Galerie Vevais, 2008, regular edition). Several passages or variants of them from White Line also appear in this essay.
2. John Berger, “Modigliani’s Alphabet of Love,” in John Berger Selected Essays, ed. Geoff Dyer (New York: Pantheon Books, 2001), 391.
3. Kenneth Clark, The Nude: A Study in Ideal Form (New York: Pantheon Books, 1956), 17.
Author’s Note: John Wood is an American poet and art critic. He co-curated the Smithsonian Institution/National Museum of American Art exhibition Secrets of the Dark Chamber, the catalogue of which was a New York Times Book Review Book of the Year. He holds a Ph.D. in English literature and held the Pinnacle Professorship in Liberal Arts at McNeese University, where he directed the MFA program in Creative Writing and Graduate Studies in English for thirty years. In addition to holding a professorship in English literature, he also held a professorship in photographic history. He has frequently given lectures at Harvard and many museums including the Museu Nacional d’Art de Cataluyna (Barcelona), where his subject was the neglected field of Spanish Pictorial Photography. He is Editor of 21st Editions, a fine arts photographic press in the U.S., and a co-editor of Edition Galerie Vevais in Germany. His books of criticism as well as his books of poetry have won a variety of awards including the 2009 Gold Deutscher Fotobuchpreis. He has published books on Flor Garduño, Sally Mann, Eikoh Hosoe, Wouter Deruytter, Brigitte Carnochan, four on Joel-Peter Witkin, including Witkin’s journals, which he edited, and many other photographers. He has a book forthcoming from EGV jointly written with Harvard poet and art critic Steven Brown on Spanish painter Dino Valls.
Ein Geschenk der Freude
In „Thomas Karsten und das Geschenk der Freude“, der Einführung zu seinem Buch
White Line, schrieb ich: „Karsten ist ein großer Künstler, der sich mutig des Themas Erotik annimmt – eine gesunde, natürliche, menschliche Erotik frei von puritanischer Scham. Er ist ein Künstler, gleich den Dichtern Walt Whitman und E.E. Cummings, die die Erhabenheit der erotischen Erfahrung mit allem sinnlichen Nervenkitzel mögen.“ 1
In einem der freudigsten, leidenschaftlichsten, erotischsten Gedichte des vergangenen Jahrhunderts formulierte der Dichter E.E. Cummings:
Ich mag meinen Körper, wenn er bei deinem
Körper ist. Er ist etwas ganz Neues.
Die Muskeln besser und die Nerven mehr.
Ich mag deinen Körper. Ich mag was er tut,
… Ich mag es, dies und das an dir zu küssen
Das Gedicht spiegelt den gleichen freudvollen, leidenschaftlichen, erotischen Geist wider, der sich in Thomas Karstens Fotografien findet.
Erotische Kunst, wie jede andere Bildende Kunst, ist nur gut, wenn sie uns dazu bringt, wieder und wieder hinzuschauen, uns zu wundern und nachzudenken. Ihre Kraft ist die gleiche wie die großer Musik, die wir immer wieder hören, egal, wie oft wir sie schon gehört haben, oder großer Dichtung, deren Melodien und Metaphern sie uns immer wieder erneut lesen lassen.
Das Zeichen großer Kunst ist, dass sie immer frisch und lohnend ist. Im Gegensatz zu Pornografie, die ihre erotische Ausstrahlung bei mehrmaliger Betrachtung verliert und darum immer wieder neue Bilder braucht, ist wahre erotischer Kunst unabhängig davon, wie oft sie angesehen wird. Sie bleibt ästhetisch überzeugend und sexuell stimulierend. Die erfassten erotischen Augenblicke werden so eingefangen, dass das Feuer der Leidenschaft durch Zeit und Raum lodert – wie beim Barberinischen Faun oder bei Rodins vergleichbarer Faunin, der Götterbotin Iris, wie in Rembrandts Radierungen, in Courbets „L’Origine du monde/Der Ursprung der Welt“ , in den Aquarellen und Zeichnungen von Schiele, in Werken von Modigliani, Pascin, Balthus, Bellmer und anderen Meistern und Meisterinnen der Erotik.
Dieses neue Buch von Thomas Karsten, ein Buch klarer, heiliger, erotischer Genusslust, feiert die Sinnlichkeit und Schönheit von Marina Anna Eich, einer der in meinen Augen reizendsten Frauen der Welt und ein Filmstar in Deutschland. Dieses Buch ist wirklich eine Zelebration des originalen Garten Eden, von dem der große mystische englische Poet William Blake in seiner Lyrik geschrieben hat, ein wohlduftender üppiger Garten – zerstört von einer „eifersüchtigen“ Gottheit, die mehr an geistloser Abhängigkeit und Sklaverei interessiert war als an Unabhängigkeit und Glücksgefühl, den beiden Notwendigkeiten für ein ausgefülltes und vollständiges Leben.
Hier ist der Garten Eden, das wahre Eden, in dem es keine Scham gibt, sondern nur die Arbeit an Freude und Genuss. Kein anderer Fotograf hat Erotik, diesen paradiesischen Moment, so eingefangen wie es Thomas Karsten macht. Die Wahrnehmung des Paradieses aus simpler Freude und ausgelassenem Spaß ist in allen seinen Büchern offenkundig. Blickt man auf sein Werk, könnte man denken, dass er seine Aufgabe darin sieht, die fotografische Welt von effekthaschender Pseudo-Erotik zu reinigen. Karsten rettet erotische Fotografie von ihren zwei gleich langweiligen polaren Gegensätzen: fade Akte in gewollt künstlerischen geschlechtslosen Posen, die nicht den geringsten Nervenkitzel auslösen, und extrem fetischisierte Bilder von Erniedrigung und Dominanz. Erotische Kunst, wie gesagt, ist wie jede andere bildende Kunst. Sie ist nur gut, wenn sie uns in den Sog zieht, sie immer wieder und wieder neu zu betrachten, zu hinterfragen, und die magische Gabe vor unseren Augen zu bedenken.
Thomas Karsten feiert das Sexuelle, wie es gefeiert werden sollte, wie Männer und Frauen es schon immer zelebriert haben. Wie Amerikas größter Dichter Walt Whitman versteht Karsten das Sexuelle so:
Alle Hoffnungen, Wohltaten, Schenkungen, alle Leidenschaften, Lieben, Schönheiten, Wonnen der Erde,
Alle Regierungen, Richter, Götter, Vorbilder der Erde,
Sie sind eingebunden in den Sex als Teil von sich selbst und Rechtfertigungen ihrer selbst
(aus „Eine Frau wartet auf mich“)
In anderen Worten, die Erotik ist ihre eigene Rechtfertigung, weil sie jeden Aspekt unseres Lebens durchdringt und belebt. Hart Crane, ein weiterer großer Dichter und Sänger des authentischen Amerika, bevor es von Xenophobie und religiösen Fundamentalisten überfallen wurde, schrieb, dass „alles“ außer unseren „Sinnenlüsten“ „Fälschung und Verhöhnung“ sei. Unsere Sinnenlüste definieren uns, und sie sollten nicht mit Scham verbunden sein, auch Sex und Erotik nicht.
Ein Teil der Freude an erotischer Kunst, vor allem an erotischer Fotografie, ist, dass es – wieder wie bei allen anderen Künsten – ein Geschenk des Künstlers und des Modells an uns ist, ein Geschenk der beiden innewohnenden Emotionen. Auch wenn erotische Kunst ein Aphrodisiakum sein kann, wird sie nie ein Ersatz für Sex sein, wie auch Blakes prophetische Bücher kein Ersatz für die eigentliche spirituelle Erfahrung sein können. Beide sind emotionale Geschenke, das eine möchte die spirituelle Kontemplation, das andere die sexuelle Kontemplation stimulieren. Wenn wir ein Gemälde von Caspar David Friedrich oder Arnold Böcklin betrachten, tun wir dies auch, um die Emotion, die sie fühlten, mitzufühlen, so wie wir eine Symphonie von Mahler hören oder ein Gedicht von Yeats lesen, um Emotionen nachzubilden, die uns über die Zeit hinweg übermittelt werden. Kunst ist für uns ein Weg, mehr Leben zu haben. Es ist eine Gabe des Lebens, denn sie ermöglicht es uns, in unser Leben die wichtigsten kreativen Momente des Lebens von Blake, Friedrich, Böcklin, Mahler, Yeats, Karsten und anderen aufzunehmen, und, nicht zu vergessen, des Lebens der Modelle der bildenden Künstler.
Sehen wir uns zum Beispiel Egon Schieles Arbeiten an, mit seinen Modellen, deren Beine sich für die Augen des Betrachters öffneten, oder mit dem lächelnden Modell in „Die Traum-Beschaute“ , die ihre Schamlippen gespreizt hat, damit wir sie noch klarer sehen, so können wir sicher sein, dass diese Modelle aktive Partner bei der Erschaffung der Werke, der emotionalen Geschenke, in diesen Fällen der erotischen Geschenke waren. Karsten prägt die ästhetische Dimension seiner Fotografien, er entschied sich, bestimmte emotionale Momente zu erfassen und einzurahmen, gleichzeitig andere auszulassen, aber seine Arbeiten, Geschenke an die Zuschauer, wurden gleichermaßen von Marina Anna Eich, der in Deutschland bekannten Schauspielerin, Produzentin und Sprachwissenschaftlerin, geschaffen. Erotische Kunst ist die großzügigste der bildenden Künste. Künstler und Modell vereinbaren gemeinsam, einen Moment, der meistens privat ist, einen verborgenen Blick, einen Moment hinter sonst verschlossenen Türen offen in Szene zu setzen und ihn mit anderen zu teilen. Aber es ist auch die Art des Augenblicks, den wahrscheinlich seit Anbeginn der Menschheit andere Menschen schon immer miterleben wollten. Voyeurismus ist ebenso natürlich für unsere Spezies wie Sex. Wir lieben es, etwas über das private Leben anderer zu erfahren. Je privater, je persönlicher die Details sind, desto neugieriger sind wir darauf, sie kennenzulernen.
Ich fragte Marina Anna Eich über ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Karsten. Sie erzählte mir, sie habe das Projekt genossen. „Thomas hat die Fähigkeit, Sinnlichkeit und Nacktheit in ihrer Ursprünglichkeit einzufangen. In manchen Momenten habe ich nicht einmal gemerkt, dass er noch da ist, aufgrund seiner positiven Distanz und Diskretion.“
Künstler entscheiden sich, das zu teilen, womit sie sich wohlfühlen. Rousseau konnte auch verabscheuungswürdige Taten und persönliche Geheimnisse einräumen, Dinge, die peinlich sind, sie vor anderen zu offenbaren, ebenso wie Yeats die Frustrationen der immer noch lebendigen Begierden eines alten Mannes mit abnehmender Vitalität mitteilen konnte und Musil sein gelegentliches Akzeptieren von Grausamkeit oder Céline den Widerspruch von Antisemitismus und Güte oder Dostojewski seine Schuld.
Glücklicherweise sind nicht alle Künstler und Modelle gleich, und so bereichern sie unser Leben mit unterschiedlichen Aspekten ihrer Persönlichkeit, die sie mit uns zu teilen sich entschlossen haben. Wir finden Vergnügen an Karstens Kunst und Marina Anna Eichs großzügiger Beteiligung daran, genauso wie an der Zusammenarbeit vieler Künstler und Künstlerinnen mit seinen und ihren Modellen. Beide kommunizieren beeindruckend, was sie oder er auszudrücken sich getrieben fühlte, und das Ergebnis ist eine ästhetische, psychologische oder erotische Lust – oft eine Kombination der drei, wie wir es in der emotionsreichen Zusammenarbeit von Eich und Karsten sehen.
Dennoch sind die privatesten künstlerischen Geschenke – die erotischen – immer die seltensten und begehrtesten. Im Westen wurden sie in der Vergangenheit oft abgelehnt und beschimpft, aufgrund der ungesunden und lähmenden Feindseligkeit von Judentum, Christentum und Islam, den drei Schwesternreligionen, gegenüber Freude und Sinnlichkeit – oder zumindest ihre Unfähigkeit, offen auch die Freuden des Physischen anzuerkennen. Nicht erst nach dem Verlust der klassischen Welt findet man städtische Wand-Skulpturen, die erregte Penisse zeigen und über denen der freudige lateinische Ausdruck „Hic Habitat Felicitas“ (Hier lebt das Glück) steht. Der Triumph der drei strengen Wüsten-Religionen ersetzt das berauschende Ambrosia des Lebens durch ein trockenes, Würgen erzeugendes, ungesäuertes Manna.
Die Einwohner von Thomas Karstens künstlerischer Welt ernähren sich noch von Ambrosia und sind klassisch definiert. Thomas Karsten vermittelt Verspieltheit und die Lust des Körpers, zugleich zeigt er, wie jeder andere Kunstfotograf auch, bildhauerische Tiefe und Dichte. Sein Blickwinkel und sein Licht verwandeln Eichs sinnlich-wollüstigen Körper in Marmor, einen Marmor von geschmeidigster und zartester Qualität. Mit ihren Händen liebkost sie sich selbst und verwandelt sich dabei in eine klassische Skulptur, in einen Traum der hinreißendsten Venus. Und wieder beschwören Eich und Karsten die Poesie von Whitman und Cummings herauf.
In „Spontaneous Me” schrieb Whitman:
Liebesgedanken, Liebessaft, Liebesduft, Liebesnachgiebigkeit, Liebesbesteiger und die steigende Kraft,
Arme und Hände der Liebe, Lippen der Liebe, der phallische Daumen der Liebe, Busen der Liebe, Leiber mit Liebe aneinandergepresst und zusammengeklebt,
Erde aus schlichter Liebe, Leben, das nur Leben nach Liebe ist,
Der Körper meiner Liebe, der Körper der Frau, die ich liebe, der Körper des Mannes, der Körper der Erde.
Was Karsten so klar unter Akt versteht, ist eine Qualität, die auch von John Berger und Kenneth Clark gleichermaßen so verstanden und beschrieben wurde.
Um diese Vorstellung von „Akt“ richtig wiederzugeben, muss man das „Alphabet der Liebe“ kennen, wie John Berger es in seinem Essay über Modigliani beschrieb: „Alles beginnt mit der Haut, dem Fleische, der Oberfläche des Körpers, der Hülle der Seele“ Und er fuhr fort: „Ob der Körper nackt oder bekleidet ist … macht wenig Unterschied. Ob ein Körper männlich oder weiblich ist, macht keinen Unterschied. Alles, was einen Unterschied macht, ist, ob der Maler [oder der Fotograf, möchte ich hinzufügen] die Grenze zur imaginierten Intimität der unsichtbaren Seite einer schwindelerregenden Zärtlichkeit überquert oder nicht. Alles beginnt mit der Haut und damit, wie sie skizziert wird. Und alles ist dort auch vervollständigt.“ 2
Und wie Kenneth Clarks berühmte Aussage: „Kein Akt, wie abstrakt auch immer, sollte es verfehlen, im Zuschauer die Spuren erotischen Gefühls zu erwecken, auch wenn es nur der leiseste Schatten ist – und wenn das nicht geschieht, so ist es schlechte Kunst und falsche Moralvorstellungen.“ 3
Es ist „der Körper der Erde“, es ist Gaia, die heilige, lebende, atmende, zeugende, sexuelle Gaia, personifiziert als der Planet selbst, die die Erotik am überzeugendsten und anrührendsten feiert.
Doch es gibt noch mehr in diesen Fotografien, eine Qualität, die so oft in „erotischen Fotografien“ und „erotischer Literatur“ fehlt, und das ist der schiere unverfälschte Sinn für Spaß, Freude und Spiel, diese Qualitäten, die dem eros viel seiner Definition geben. Eich und Karsten hatten beide offensichtlich Spaß bei der Entstehung dieser Fotografien, die in einem dreijährigen Projekt entstanden. Ihre Freude ist für jeden empfänglichen Betrachter offensichtlich.
„… die Wurzel der Wurzel, und die Knospe der Knospe und der Himmel des Himmels
eines Baumes namens Leben” wie E.E. Cummings es ausdrückte – das ist der finale Sinn von Thomas Karstens Kunst. Es ist das und Verehrung dieses heiligen, gesegneten Baums namens Leben, der Baum, von dem kein Obst je verboten ist.
1. White Line, photographs by Thomas Karsten (Vevais, Germany: Edition
Galerie Vevais, 2006, deluxe portfolio edition; Edition Galerie Vevais, 2008, regular edition).Einige Passagen aus White Line oder Variationen davon sind auch in diesen Essay eingeflossen.
2. John Berger, “Modigliani’s Alphabet of Love,” in John Berger Selected Essays, ed. Geoff Dyer (New York: Pantheon Books, 2001), 391.
3. Kenneth Clark, The Nude: A Study in Ideal Form (New York: Pantheon Books, 1956), 17.
Zum Autor:
John Wood ist ein amerikanischer Dichter und Kunstkritiker. Er war Co-Kurator der Ausstellung
„Secrets of he Dark Chamber/Geheimnisse des dunklen Zimmers“ der Smithonian Institution/National Museum of American Art. Der Katalog dieser Ausstellung war eines der Bücher des Jahres der New York Times Book Review.
Er ist Ph.D. in Englischer Literatur und Leitender Professor im Fach „Liberal Arts“ an der McNeese Universität, an der er das MFA-Programm für „Creative Writing“ und die „Graduate Studies in English“ seit dreißig Jahren leitet. Zusätzlich hat er Lehrstühle in Englischer Literatur und Fotografiegeschichte. Oft hielt er Vorträge an der Harvard Universität und in vielen Museen,
unter anderem dem Museu Nacional d’Art de Cataluyna (Barcelona), wo sein Thema das weite Feld der spanischen Pictorialen Fotografie war. Herausgeber von „21st Editions”, ein Fine-Arts-Fotomagazin in den USA, und Mitherausgeber in der Edition Galerie Vevais in Deutschland. Sowohl seine Bücher mit Kritiken als auch seine Poesie-Bücher haben vielfach Preise gewonnen, wie den „Gold Deutscher Fotobuchpreis“ (2009). Er publizierte Bücher über Flor Garduño, Sally Mann, Eikoh Hosoe, Wouter Deruytter, Brigitte Carnochan, vier Bücher über Joel-Peter Witkin, darunter Witkin’s journals, die er herausgab, und über viele weitere Fotografen. Demnächst erscheint ein Buch, geschrieben gemeinsam mit dem Harvard Poeten und Kunstkritiker Steven Brown, über den spanischen Maler Dino Valls.
Hier ein Shooting, mit Anica · 2008, für das Buchprojekt „A Look At Myself“.
A Look At Myself By Thomas Karsten
This is Thomas Karsten at his most erotic – and his use of vibrant color in this work seems intentional so as to stimulate the viewer’s sexual receptors. Masturbation, lesbian sex, and gorgeous erotic nudes are all subjects featured here. And Karsten pulls it off with his usual mixture of fine art style combined with powerful erotic compositions.
KARSTEN AT HIS BEST Von John Wood – Veröffentlicht auf Amazon.com
Thomas Karsten is an artist who boldly takes eroticism as his theme–healthy, natural, human eroticism untrammeled by puritanical shame. He, as E. E. Cummings did in his erotic poetry, communicates the dignity of the erotic experience along with its sensuous thrill. Karsten has a genius for capturing the eroticism of the woman. The popularity of his seventeen books is a testament to that fact. And his newest book, A Look at Myself, may well be his finest yet. Apart from White Line 1 it is certainly his most erotic book thus far. Here the eroticism is broad-based. As a photographic historian who has written on eroticism in photography, I was delighted to see in this book something quite fresh and new: a blending of the erotic and the cute. I am not using „cute“ in any kind of negative way–sometimes it is used that way, but I am using it in its original positive sense of a kind of sweet charm. Some of these models have the sweet naïve smiles of a model from the 1950’s but with far more revealed than they would have back then. There is, of course, a subjective element to eroticism because it has to do with what sexually excites a particular viewer. A Look at Myself has something for most all tastes in female eroticism. However, there is a difference in eroticism and pornography. Erotic art, like any other visual art, is only good if it pulls us back again and again to gaze, to wonder, and to consider. The mark of art is that it is forever fresh and forever rewarding. Unlike pornography, which can lose its erotic charge upon subsequent viewings and necessitate the need for fresh, new examples, true erotic art, regardless of how often it is viewed, remains aesthetically compelling and sexually stimulating. The captured erotic instant must be so caught that the fire of passion burns through time and circumstance–just as it does in the Barberini Faun or Rodin’s similar fauness, Iris, massagère des Dieux, in Rembrandt’s etchings, in Courbet’s Origine du monde, the watercolors and drawings of Schiele, in Modigliani, Pascin, Balthus, Belmer, and other masters of the erotic. Thomas Karsten, like those artists, celebrates the sexual in A Look at Myself as it should be celebrated, as healthy, unashamed men and women have always celebrated it. John Wood
KARSTEN DOES IT AGAIN Von wiredweird – Veröffentlicht auf Amazon.com
Many photographers praise women’s bare beauty with their cameras. None do it with the obvious affection that Karsten brings to his models and to his art. This collection demonstrates that affection, and proves just how inclusive it can be. It’s easy to make a firm, twenty-something look good. Karsten does it again and again, taking positive joy in the curves that aren’t as pronounced, or that go beyond, or that hang a bit lower than some artificial ideal might dictate – he even celebrates the lush curves of pregnancy.
Unlike some photographers, for whom the model is secondary to the concept, Karsten centers every picture on the woman herself, the way she wants to be seen. For many, that includes bold tattoos or piercings. For others, that may mean overt expressions of sexuality – with a same-sex partner or in solo play, sometimes with toys that might not suit a delicate viewer. In Karsten’s hands, though, even a penetrating toy comes across in a spirit of fun. Vulgarity simply never arises, even at Karsten’s (and his models‘) boldest moments.
„A Look at Myself“ reaffirms Karsten’s dedication to color, but with more subtlety than in his „Colors of Sex.“ And, in a turn I enjoy immensely, he reaffirms his dedication to models of color. Dark-skinned beauty might differ slightly in kind from European features and figures, but has all the same depth and variety. Likewise, maturity takes its place next to the sprightliness of young adults, another way in which Karsten’s range exceeds that of other photographers. I find only one thing lacking in this beautiful collection – the identities of the models themselves. For me, a name and maybe a date helps to fix the subject as a real and unique person; a photo without that attribution lacks in some slight way. But only slight – this gorgeous book has a place in any library of figure photography. wiredweird
KARSTEN AT HIS MOST EROTIC Von Michelle7 – Veröffentlicht auf Amazon.com
This is Thomas Karsten at his most erotic – and his use of vibrant color in this work seems intentional so as to stimulate the viewer’s sexual receptors. Masturbation, lesbian sex, and gorgeous erotic nudes are all subjects featured here. And Karsten pulls it off with his usual mixture of fine art style combined with powerful erotic compositions.
Die Frauen aus vielen Teilen der Welt, die Thomas Karsten in seinen neuen Fotografien porträtiert, zeigen Lust: an sich, an anderen. Und manchmal ist es auch der Blick der Kamera, der ihre Lust antreibt. Die Bilder sind fröhlich, bunt und direkt. „Ich habe dir etwas von mir gezeigt, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich damit einmal so ungezwungen umgehen könnte. Mit deiner Professionalität hast du mir eine warme Sicherheit gegeben. Ich höre noch ,Smooth Operator’ und fühle mich ungewöhnlich leicht … und du suchst mich und setzt das perfekte Licht … und ich konzentriere mich auf mich selbst. Das ist das Beste, was ich tun kann. Das ist, was deine Fotos so schön macht!“, schrieb Anica an den Fotografen, nachdem sie sich für dieses Buch hat fotografi eren lassen. Der Blick auf sich durch das Auge der Kamera – zugleich wird die Kamera empfunden als Blick eines Partners, einer Partnerin. Es ist ein erotisches Wechselspiel, das sich in diesen Bildern zeigt. Beim Blättern berührt mich, die Betrachterin, die diesen Klappentext schreibt, die Lust immer wieder einmal sehr direkt, in einem intellektuellen, aber genauso in einem körperlichen Sinn. Die Bilder zaubern mir Erregung ins Hirn. Das passiert mir nicht oft bei Bildern. Und das ist schön. Denn die Lust dieser Frauen springt mich fröhlich an, offen und unverkrampft, ungestellt. Sie schauen mich, sie schauen zugleich sich an, ernst, lachend, frech oder schüchtern – und lustvoll erregt durch den Kamerablick.
The women and some lesbian couples from many parts of the world, portrayed by Thomas Karsten in his new photographs, show desire for themselves, to others. And sometimes it is also the view of the camera, which drives their desire. The pictures are cheerful, colorful and direct. „I have shown you something of myself, of which I never thought I could deal with so freely. With your professionalism you have given me a warm security. I can still hear ‚Smooth Operator‘ and feel unusually light … and you are looking for me and set that perfect lightness … and I concentrate on myself. That’s the best I could do. That is what makes your photos so beautiful!“ Anica wrote to the photographer after having had herself to be photographed for this book. The view of oneself through the eye of the camera – at at the same time the camera is felt as the view of a partner. There is an erotic interplay, shown in these pictures. Scrolling through them, the desire touches me, the viewer, who is writing this cover text, again and again, very directly, in an intellectual, but equally so in a physical sense. The images perform magic, with excitement into my brain. This doesn’t happen often to me with pictures. And that’s really nice. For the desire of these women jump at me happily, open and relaxed, unrequested. They look at me, and look to themselves at the same time, serious, smiling, cheeky or shy – and lustfully excited by the camera view.
Marlene tanzt, Leipzig 2007.
A look at myself? — Ein Gedankengang
Das Prinzip ist einfach: Ich der Fotograf habe Kamera, Equipment, Raum und Erfahrung. Du das Model stehst vor der Kamera und zeigst Dich, wie auch immer Du Dich zeigen willst. Zeig was und so viel Du willst. Zeig wie und wer Du bist, oder wie und wer Du gerne wärst. Was ich sehe, liegt allein an Dir und in Deiner Hand. Du entscheidest, Du füllst das Bild, Du bist der Macher. Ich halte mich zurück. Mit diesem Prinzip ist ein Freiraum gegeben, in dem vor der Kamera alles entstehen kann, oder eben nur ein bisschen, oder eben je nachdem, oder auch nichts. Meist jedoch, das zeigt ein Großteil der hier versammelten Fotografien, passiert etwas: Sexy, aufreizend, ganz Verführung in Körperhaltung und Blick präsentieren sich die Frauen vor Karstens Kamera. Die Frauen, sie sind keine professionellen Models, keine Körperakrobaten, keine Oberweitenwunder und auch keine Titelseitenschönheiten. Ihre Körper sind nicht getrimmt. Ihre Körper sind, wie Körper nun einmal sind. Es sind junge Frauen, wie wir sie jeden Tag auf der Straße treffen können, beim Einkaufen, wo auch immer. Es zeichnet diese Fotografien aus, dass Thomas Karsten die Frauen aus ihrem Alltagserleben heraushebt und ihnen durch seine Kamera die Möglichkeit, sich auszuprobieren, sich zu zeigen gibt. Im Alltag ist die Möglichkeit des „Zeig dich, wie du dich zeigen willst“ selten gegeben. Wohl deshalb wird sie von den meisten Frauen genutzt, sich in diesen Bildern einmal, und zwar so richtig, in Szene zu setzen. Sie spielen mit Verkleidung, Schminke, Szenerie. Sie nutzen den Raum ungeteilter Aufmerksamkeit, denen ihnen die Kamera schenkt, ihre Kniffe und Tricks in Sachen Verführung vielleicht nicht an den Mann, jedoch aber ins Bild zu bringen. Wenn ich sein kann, wie ich will, dann will ich sexy sein. – So scheint die Logik zu gehen. Wie sieht das aus? Was heißt Sexyness und wie bekommt man sie hin? Antwort und Abhilfe liefert die Pose. Von jedermann bereits hundertfach gesehen, sind dies die Klassiker: der Griff ins Haar, die Hand in den Schritt, das Auge zum Schlitz geformt, von unten der Blick, leicht schräg der Kopf, Lippen geschürzt und vor allem: Brust raus, Bauch rein, Oberkörper ins Hohlkreuz geworfen. So geht Sexyness, ja genau! So haben es die Medien über Jahre hinweg festgelegt. Gemeißelt sind diese Bilder ins kollektive Gedächtnis; Frauen bedienen sich ihrer griffsicher. Kurzum, in der Pose manifestiert sich der Wunsch nach Sexysein und über die Pose wird er transportiert. A look at myself und Pose – klingt das aber nicht nach Widerspruch? Wenn der Rekurs auf die Pose das Naheliegende ist und die Devise lautet: Zeig Du Dich mir wie Du Dich mir zeigen willst – man ahnt es schon: wichtig ist das Du – ist es dann ums Du und damit um das je individuelle Ich vor der Kamera aber nicht gleich auch schon wieder geschehen? Ist da das Du nicht schon vom Anfang her verstellt? Es kann eingewendet werden, dass es um das persönliche Du, um Individualität und Ichsein vor der Kamera nicht gleich und zwangsläufig gehen muss. Das je persönlich gemeinte Du, Charakterstudie, Individualität sei kein Muss schlechthin. Vor der Kamera solle die Frau ruhig auch als Objekt defilieren dürfen. Natürlich. Das steht auch außer Debatte. Was aber geschieht, wenn, was die Kamera sucht, das Du ist? Wenn, was sie bekommt, aber Pose ist? Solcher Widerspruch bliebe aus, wenn man dem Seinwollen vor der Kamera von vornherein den Riegel vorschöbe. Wenn Selbstinszenierung ignoriert würde. Wenn klar wäre: Ich will nicht sehen, wie Du gerne wärst, ich will nur sehen, wie Du bist. Nur mit solchen Regeln käme man der Pose bei. Aber nicht nur das. Auch an der eingangs genannten Devise verginge man sich dann. Wie es scheint, ein echtes Dilemma: Mit dem Freiraum ist die Pose zur Stelle und das Selbst steht hinten an. Versagt man sich aber der Pose und zeigt Interesse nur am Du, dann beschneidet man den Freiraum arg. Dann opfert man, woran sich Karstens Fotografie aufhängt und wovon sie zehrt. Fragt sich, woran ein solches Patt liegt. Vielleicht, weil es nackt vor der Kamera nicht einfach ist, man selbst zu sein. Vielleicht, weil die Anleihe bei Pose, Rolle, Inszenierung in so brisantem Falle ganz gelegen kommt. Vielleicht weil es, wenn’s drauf ankommt, leichter ist zu spielen als zu sein. Vielleicht, weil die Pose erlaubt, mit einem Schlag alles zu zeigen und gleichzeitig nichts. Vielleicht, weil Inszenierung und Überschlag ins Extrem leichter, so viel leichter sind, wenn man, nackt vor der Kamera, nicht nur ein Bild, sondern auch eine Situation zu füllen hat. Wenn es nämlich heißt: Mach was Du willst, ich guck zu und drück ab. Aber ist es wirklich ein Patt? Schließen sich Pose und das hier so reklamierte Du denn tatsächlich aus? Es kommt darauf an. Jede Pose – und sei es die einfachste – verlangt, damit sie richtig sitzt und zur genuinen Pose wird, Übung. Sie verlangt Wiederholung, verlangt ein gewisses Training bis sie die Selbstverständlichkeit erreicht, durch die sich jede Pose erst auszeichnet. Aufgrund ihrer Nichtprofessionalität aber ermangeln Karstens Modelle genau dieser Übung – und hier wird es interessant: Denn sieht man genauer hin, dann erkennt man, dass der Griff ins Haar, der Finger im Schritt oder der Überschlag ins Hohlkreuz von einer sehr charmanten Verlegenheit, einer inneren und ehrlichen Verwunderung der Frauen über sich selbst durchzogen ist. Bin das etwa ich, die das da tut? Dieses Schüchterne, Unbeholfene und dadurch Aufrechte der Frauen vor der Kamera lässt die Pose wieder und wieder brüchig werden. Es sprengt ihr Starres, ihr Maskenhaftes auf und gibt den Raum frei für das, was erst zu fehlen schien: Natürlichkeit und Du.
Karolin Sander
A look at myself? A line of thought.
The principle is simple: I – the photographer – have a camera, equipment, space and experience. You – the model – are standing in front of the camera and show yourself, in whatever way you‘d like to show yourself. Showing whatever and as much as you want. Showing how and who you are, or how and who you‘d like to be. What I see depends on you alone, and is entirely in your hand. You decide, you fill the screen, you are the creator. I hold myself back. With this principle, a free space is created, in which anything can arise in front of the camera, or even just a little bit, or just depending on, or even nothing. Most of the time, however, as shown by a majority of the photographs assembled here, something happens: The women present themselves sexy, provocative, wholly seductive in body posture and looks, in front of Karsten‘s camera. The women are not professional models, no body acrobats, no busty wonders and no front page beauties. Their bodies are not trimmed. Their bodies are just how bodies are, after all. These are young women, as we can meet every day on the street, in shops, wherever. Thomas Karsten‘s photographs are distinctive in that he lifts these women out of their everyday experience and gives them, through his camera, an opportunity to try out and show themselves. In everyday life, the possibility to „Show yourself, how you‘d like to show yourself“ is rarely present. This is probably why it is used by most women in these images to really put themselves once into the scene. They play with trim, makeup, scenery. They use the space with the undivided attention that the camera gives them, to bring their quirks and tricks, when it comes to seduction, perhaps not to the man, but rather into the picture. If I can be like I want to, I want to be sexy. – That seems to be the logic. How does that look? What is sexiness and how do you get it? The pose provides the answer and remedy. Seen by everyone a hundred times, these are the classics: hand in the hair, hand in the lap, eyes formed to a slit, viewing from the bottom, head slightly tilted, lips pursed, and above all: Breasts out, stomach in, chest thrown into a hollow back. That‘s sexiness, yes, exactly! This way the media have set it for years. These images are carved into the collective memory, women use it with confidence. In short, the posing expresses the desire to be sexy and this is transposed through the pose. A look at myself and posing – that sounds contradictory, doesn‘t it? When the recourse of the pose the obvious is and the motto: Show me how you want to show yourself to me – you guessed it: the important thing is ‚you‘ – it is about the you and so the individual ‚I‘ in front of the camera but isn‘t it at the same also gone again? But has the ‚you‘ not already changed from the very beginning? One could argue that the personal you, the individuality and ‚being me‘ in front of the camera are not necessarily and inevitably the same. That the personally meant you, character study, individuality is not absolutely a must. In front of the camera, the woman should quietly be allowed to parade as an object. Of course. That‘s also beyond debate. But what happens when what the camera is looking for is you? But what it gets is posing? Such an argument would not exist, if from the outset, the wanting to be in front of the camera is laid down as rule. If self-staging would be ignored. If it would be clear: I don‘t want to see how you would like to be. I only want to see how you are. Only with such rules would you get to the posing. But not only that. Also the above-mentioned motto would be passed by. It seems a real dilemma: The free space is the place to pose and the self is at the backend. However, if one fails to pose and shows only interest in the you, then the available space is cut back badly. Then one sacrifices everything what Karsten‘s photography is all about, and on which it feeds. The question is, what is causing such a stalemate. Perhaps because it‘s all but easy to be yourself, naked in front of the camera. Perhaps because the bond in pose, role, staging comes in handy in such explosive circumstances. Perhaps because, when you need it, it’s easier to play than to be. Perhaps because posing allows to show everything in one swoop and, at the same instance, nothing. Perhaps because staging and transfer into the extreme lightness, are so much easier when, naked in front of the camera, you not only have to fill just an image, but also a situation. When it goes as: Do what you want, I‘ll just watch and press the button. But is it really a stalemate? Would posing and the claimed ‚you‘ really exclude each other? It depends. Every pose – even the most simple one – requires exercise, so it fits properly and becomes a genuine pose. It requires repetition, requires a certain amount of training until it reaches the self-evident, which characterizes every pose. Because of their non-professionalism Karsten’s models are exactly lacking this exercise – and here it gets interesting: For, if one focuses more closely, one realizes that the hand in the hair, the fingers in the lap or the rollover into the hollow back resulting from a very charming embarrassment, is penetrated by an inner and honest wondering of women about themselves. Is it really me who is doing that? This shyness, awkwardness, and thus honesty of women in front of the camera makes, over and over again, the posing to become brittle. It blasts their stiffness, mask-like behavior and provides free space free for what seemed missing at first: Naturalness and You.